Niederschrift

über das Expertenhearing zum aktuellen Vergleich

zweite S-Bahn-Stammstreckentunnel und S-Bahn-Südring

der Landeshauptstadt München

vom 25. März 2009 (öffentlich)

Vorsitz  OBM Ude

2. Bürgermeisterin   Strobl

bfm. Stadtratsmitglieder   siehe Anwesenheitsliste

ea. Stadtratsmitglieder    siehe Anwesenheitsliste

Anzuhörende                       

Herr Klaus-Dieter Josel, Herr Albert Scheller,Herr Dr. Martin Vieregg, Herr Karlheinz Rößler, Herr Stefan Baumgartner, Herr Thomas Kantke, Herr Dietz-Ulrich Schwarz, Herr Herbert König, Herr Min.-Dirig. Hans Peter Göttler, Herr Christian Breu, Herr Alexander Freitag,

Protokoll

Frei, Althof, Neureither, Preßler

Öffentliches Hearing vom 25. März 2009/Ho

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Inhaltsverzeichnis

Begrüßung und Einführung in die Thematik (Ude)

Städtebauliche Auswirkungen der Infrastrukturplanungen (Merk)

Die 2. S-Bahn-Stammstrecke aus Sicht der DB AG (Josel)

Aktueller Planungsstand  (Scheller)

Vorstellung der Projekte S-Bahn-Südring und Nordtunnel  (Vieregg, Rößler, Kantke, Baumgartner)

Kurzpräsentation Projekt "U 9" - Bezüge zum Projekt Nordtunnel (König)

Sachstandsbericht zum 2. S-Bahn-Stammstreckentunnel (Göttler)

2. S-Bahn-Stammstreckentunnel: Ein Projekt für die Region München (Breu)

Die 2. S-Bahn-Stammstrecke aus Sicht des MVV Freitag)

Diskussion und Aussprache

Zusammenfassung und Schlusswort des Oberbürgermeisters (Ude)


 

Öffentliche Sitzung

Beginn:                        09:00 Uhr

Vorsitz:                        OBM Ude

Referentin:    StBRin Prof. Dr. (I) Merk

Begrüßung und Einführung in die Thematik

OBM Ude: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Mitglieder des Münchner Stadtra­tes! Liebe Gäste! Ich heiße Sie herzlich willkommen zu diesem Expertenhearing zum Thema "Vergleich 2. S-Bahn-Stammstreckentunnel und S-Bahn-Südring". Die Präsenz zeigt, dass Sie alle die Bedeutung der Veranstaltung richtig einschätzen. Ich brauche sie daher nicht mehr feierlich zu erläutern. Gegen meine Natur werde ich Sie nicht mit einem wegweisenden Vortrag beglücken, sondern mich auf zwei Anmerkungen beschränken:

1.      Ich habe immer wieder den Eindruck, dass viele glauben, diese Frage würde auch im Stadtrat entschieden, nur weil wir im Stadtrat mehr und öfter darüber diskutieren und es auch ein für Münchner besonders interessantes Thema ist. Ich darf in aller Demut darauf hinweisen, dass das nicht der Fall ist. Es ist ein Projekt des Aufgabenträgers des S-Bahn-Verkehrs, also des Freistaats Bayern. Projektausführende ist die S-Bahn. Wir sind lediglich Planungsbeteiligte, die ihre Meinung sagen dürfen. Aber wir sollten - das sage ich aus gutem Grund - nicht der Omnipotenz-Phantasie erliegen, wir in diesem Saal könnten als Stadtrat entscheiden, wo es langgeht, was zu geschehen hat und was nicht.

2.               Gestern hat sich die Bayerische Staatsregierung mit der Frage beschäftigt und dabei, wie mir der Ministerpräsident gestern Abend noch erläutert hat, ein klares Votum für die Tun­nellösung der zweiten S-Bahn-Trasse abgelegt und vor allem auf die Verknüpfung mit der Flughafenanbindung verwiesen. Es ist kein Geheimnis, es sind die Vorstellungen der Landeshauptstadt München seit langem, dass die zweite S-Bahn-Stammstrecke neben vielen sonstigen Vorteilen, die sie hat, auch der erste Abschnitt einer verbesserten Flug-hafenanbindung über die Trasse der S 8 ist. Hier gibt es also eine nahtlose Übereinstim­mung zwischen dem Freistaat Bayern und der Landeshauptstadt München mit all ihren Beschlüssen zur Flughafenanbindung seit vielen Jahren.

Die letzte Bemerkung: Wir haben einen sehr ehrgeizigen Zeitplan und räumen Ihnen viel Zeit ein, damit Sie Ihre Darlegungen unterbreiten können. Ich bitte Sie um Verständnis, und sage es schon jetzt allen Experten am Tisch: Ich werde, selbst wenn es abrupt und unhöflich wirkt, die vorgesehene Redezeit pedantisch einhalten. In 45 Minuten muss man ein Projekt vorstel­len oder in 15 Minuten einen Planungsstand erläutern können. Dann ist wirklich Schluss. Es kann nicht sein, dass diese Möglichkeit für die letzten Vortragenden oder gar für die Rückfra­gen des Publikums entfällt. Ich bitte dafür vorweg um Verständnis. Die Redezeiten sind ernst gemeint. Das gilt sogar für die Stadtbaurätin.

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Städtebauliche Auswirkungen der Infrastrukturplanungen

StBRin Prof. Dr. (I) Merk: Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Stadträte! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir eingangs vier kurze Überlegun­gen, bevor wir vertieft in die verkehrsplanerischen Betrachtungen einsteigen zur städtebauli­chen Bedeutung der zweiten S-Bahn-Stammstrecke und des Südtunnels. Die Siedlungsent­wicklung von München - das zeigen unsere Prognosen wiederholt - sind bis 2030 auf Wachstum ausgelegt. Das gilt für München gleichermaßen wie für die Region. Dieser Zu­wachs verlangt Ergänzung und Ausbau, vor allem im ÖPNV-Bereich und im Bereich der S-Bahn. Ziel ist auch, das Anwachsen des MIV zunehmend auf den ÖPNV zu verlegen.

Als Zweites haben wir eine starke Verknüpfung mit städtebaulichen und stadtplanerischen Zielen. Die Achse Hauptbahnhof-Laim-Pasing, die in direktem Zusammenhang steht, gene­riert über 16.000 neue Einwohner und 19.000 Arbeitsplätze. Es wird sich also auch im Zen­trum von München perspektivisch einiges verändern. Der Hauptbahnhof ist nicht nur ein wichtiger Knotenpunkt für die Umsteigebeziehungen, sondern auch einer der größten zu ent­wickelnden Bürostandorte in der Landeshauptstadt München im Zentrum. Es sind Größen­ordnungen von ca. 78.000 m² für Büros und Hotels und 24.000 m² für Handel. Ich betone das, weil natürlich das Zentrum immer wieder im Fokus steht. Es bedeutet aber auch eine Verknüpfung mit anderen wichtigen Infrastrukturprojekten, wie den schon genannten Aus-und Umbau des Hauptbahnhofs. Wir haben in den vergangenen eineinhalb Jahren versucht, eine Optimierung der existierenden Planungen herbeizuführen. Dies ist nur mit dieser Schnittstelle, 2. S-Bahn-Stammstrecke, sinnvoll und zeitnah anzugehen.

Die Realisierungsmöglichkeiten des S-Bahn-Südrings, auch des Bahnhofs Laim, der Um­weltverbundröhre und der Westtangente hängen damit zusammen. Sie werden sich nicht wundern, wenn mich zuletzt die stadtgestalterische Dimension dieser Infrastrukturprojekte natürlich beschäftigt. Wir wissen beim jetzigen Planungsstand relativ gut Bescheid über die 2. S-Bahn-Stammstrecke, über ihre Kosten, aber auch über ihre Probleme. Insgesamt sind die Betroffenheiten an der Oberfläche, was stadtgestalterisch ins Gewicht fällt, geringer, weil sich das Hauptbauwerk unterirdisch abspielt. Beim Südring sind trotz der positiven Auswir­kungen, die wir hinsichtlich des Lärmschutzes erwarten, die Betroffenheiten bei einer vier­spurigen Ausbaustrecke, was eigentumsrechtliche Problematiken, aber auch stadtgestalteri­sche Fragen einer oberirdischen Einhausung anbelangt, erheblich höher.

Wir brauchen also eine Lösung, die einen hohen Nutzen für die Stadt, aber auch für die eu­ropäische Metropolregion München bietet, eine schnelle Anbindung der großen Siedlungsflä­chen und Potenziale, die wir noch entwickeln wollen und perspektivisch an den Außenästen besser erschließen wollen, sowie eine direkte Anbindung der Innenstadt. Die Einführung der Express-S-Bahn hat der Herr Oberbürgermeister schon genannt. Darüber hinaus müssen wir, wenn wir von Zuwächsen ausgehen, auch davon ausgehen, dass die Standards und Qualitäten, die in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt wurden, weiter ausgebaut wer­den. Wir stehen nicht nur vor der Aufgabe, heutige Engpässe zu bewältigen, sondern etwas anzuregen, was für die nächsten 30 Jahre und darüber hinaus zukunftsfähig sein wird.

Damit bin ich mit meiner Vorrede zum Städtebau am Ende.

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Die 2. S-Bahn-Stammstrecke aus Sicht der DB AG

Herr Klaus-Dieter Josel (Konzernbevollmächtigter der DB AG für den Freistaat Bayern): Sehr geehrte Damen und Herren! Aus Sicht der Deutschen Bahn AG: Die erste Stammstrecke ist vor 37 Jahren rechtzeitig zu den Olympischen Sommerspielen gebaut worden. Man hat sie damals für 240.000 Reisende pro Tag konzipiert. Heute nutzen die S-Bahn an einem Werk­tag fast 800.000 Personen. Das entspricht mehr als dem Faktor 3 in der Akzeptanz. Das zeigt, die S-Bahn ist das Rückgrat für die Mobilität in der Region München.

Was sind die Erfolgsfaktoren für diese Stammstrecke? Wir haben eine klare Struktur des An­gebotes. Alle Linien fahren durch die Innenstadt, also ins Herz Münchens. Nicht nur Innen­stadtbesucher und Touristen können das attraktive Angebot nutzen, sondern durch die gute Verknüpfung mit der U-Bahn ist es für alle interessant. Die Zahl von 800.000 Personen zeigt auch, dass die S-Bahn-Stammstrecke ein wesentliches Element der Erschließung ist. Wir haben hier eine zentrale Erschließungsfunktion mit dieser Stammstrecke. Wir kommen heute aber an die Grenzen. Wir haben 30 Züge pro Stunde in der Hauptverkehrszeit. In den Au­ßenbereichen haben wir sog. Mischbetriebsstrecken, d. h., die S-Bahn teilt sich das Gleis mit dem Fern-, Güter- und Nahverkehr. Wir haben leider nicht auf allen Linien eigene Gleise für die S-Bahn, so dass wir hier nicht mehr Züge in die Stammstrecke hineinbringen können, weil wir nicht die exakten Fahrpläne sicherstellen können aufgrund der Mischbetriebsstre-cken. Wir brauchen weitere Kapazitäten.

Wären wir auf der freien Wiese, würden wir sagen: Die Stammstrecke ist ein Erfolg. Bauen wir zwei Gleise daneben, bauen wir die Strecke viergleisig aus! Das geht im Münchner Un­tergrund leider nicht. Aber die 2. Stammstrecke führt in paralleler Lage zur ersten Stamm­strecke und hat deshalb aus unserer Sicht dieselbe Attraktivität. Die Nutzungsfrequenz der S-Bahn wird weiter steigen. Wir müssen uns alle vergegenwärtigen, dass wir in München weitere Zuzüge haben werden. München ist eine Wachstumsregion im Gegensatz zu ande­ren Regionen in der Bundesrepublik Deutschland. Die Nachfrage beim Schienenpersonen-nahverkehr wird weiter steigen, gerade in der weiteren Region Münchens. Da bietet die 2. Stammstrecke die Möglichkeit, die Kunden weiterhin schnell in die Innenstadt zu bringen. Das Express-S-Bahn-System ist schon genannt worden.

Mit der 2. Stammstrecke können wir die richtige Antwort auf die Kundenbedürfnisse der Zu­kunft geben. Der Südring stellt aus unserer Sicht für diese Verkehrsbedürfnisse aus der Re­gion in die Innenstadt keine Alternative dar. Er löst möglicherweise innerstädtische Heraus­forderungen. Aber für die Entwicklung der Stadt München und der Region brauchen wir die zweite Stammstrecke. Sie ist auch aus betrieblicher Sicht erforderlich. Ich habe schon darauf hingewiesen, dass wir an die Kapazitätsgrenze kommen. Wir haben 30 Züge. Jeder hat schon einmal einen Notarzteinsatz auf der Stammstrecke erlebt. In einem solchen Fall ist die Stammstrecke blockiert. Bei Störungen können wir eine hohe betriebliche Flexibilität mit der parallelen 2. Stammstrecke anbieten.

Die Position der DB ist uneingeschränkt pro 2. Stammstrecke. Wir haben das Projekt in en­ger Abstimmung mit dem Freistaat und natürlich mit der Landeshauptstadt München intensiv und zielorientiert vorangetrieben. Wir haben eine Planungstiefe erreicht, bei der wir fundierte

Aussagen machen können. Wir sind sicher, dass wir auf dieser Basis ein Projekt so rasch wie möglich realisieren können. Aus unserer Sicht gibt es keine Alternative zur 2. Stamm­strecke.

Vielen Dank.

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Aktueller Planungsstand

Herr Albert Scheller (Projektleiter 2. S-Bahn-Stammstrecke München, DB ProjektBau GmbH): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren! Mein The­ma ist, den aktuellen Planungsstand für die 2. Stammstrecke kurz darzustellen. Bei einer Planungszeit von etwa vier Jahren - mittlerweile sind wir im fünften Jahr - ist es wichtig, den Gesamtzusammenhang der ursprünglichen Planung noch einmal darzustellen, aber auch, wie es zu den Varianten gekommen ist, mit denen wir uns aktuell beschäftigen. Ich will kurz auf die Historie eingehen, die Anforderungen an eine 2. Stammstrecke darstellen und dann in einem weiteren Punkt die Trassenvariante, wie sie bei der Untersuchung in den letzten Wochen abgeschlossen wurde, erläutern und mit einem Ausblick auf den Stand des Geneh­migungsverfahrens meine Ausführungen beenden.

Die Anforderungen an eine zweite Stammstrecke lassen sich einfach und klar präzisieren: Die Reduzierung der Störanfälligkeit zwischen den Stationen Laim und Ostbahnhof, die Stei­gerung der Leistungsfähigkeit und vor allem eine Entlastung der Hauptknoten am Marien­platz bzw. am Hauptbahnhof, vor allem eine Entlastung der Stammstrecke mit dem Ziel, alle U-Bahnlinien zentral mit der 2. S-Bahn-Stammstrecke oder mit einer Verkehrsinfrastruktur zu verknüpfen. Der Hauptpunkt, auf den wir uns immer wieder besinnen müssen, ist, dass wir das Stadtzentrum von allen Außenästen ohne Aus- und Umsteigen erreichen wollen. Wenn Sie sich zurückbesinnen: Im Jahr 1972 war das der Hauptpunkt, warum man die erste Stammstrecke gebaut hat.

Dass diese Forderungen mit einem Südring allein von der geografischen Lage her nicht er­füllt wird, lässt sich sehr einfach darstellen. Das Zentrum ist mit der Poccistraße, mit dem Ko­lumbusplatz bei weitem nicht erreicht und wenn, dann nur durch Umsteigen. Allein mit die­sem Kriterium haben wir das Hauptziel, das wir mit der zweiten Stammstrecke erreichen wol­len, nicht erfüllt. Des Weiteren haben wir beim Südring im Vergleich zur 2. S-Bahn-Stamm-


 

strecke wesentliche Kriterien, die, nachdem es sich um eine Infrastruktur im Süden handelt, die an der Oberfläche ist, sehr intensive Eigentumsbetroffenheiten erzeugen, verbunden mit Grunderwerb, Abbruch und nicht wieder herzustellenden Flächen von Gebäuden. Wir haben einen erheblichen Eingriff in den Naturschutz. Sie kennen die Strecke, wo aktuell der Südring verläuft. Mit zwei zusätzlichen Gleisen durchschneiden wir das FHH-Gebiet und zerstören den Biotopverbund zwischen der Friedenheimer Brücke und dem Ostbahnhof.

Das Thema Lärmschutz kann man aus unterschiedlicher Sicht betrachten. Fest steht auf je­den Fall: Bei einem Ausbau des Südrings haben wir eine Schneise von Laim bis zum Ost­bahnhof mit links und rechts etwa 4 m bis 6 m hohen Lärmschutzwänden, wo zusätzlicher passiver Schallschutz erforderlich wird. Dass wir eine dauerhafte Flächeninanspruchnahme mit dem Südring bewirken, sei am Beispiel der Station Kolumbusplatz erläutert. Man könnte mehr Bilder anführen. Es gibt prägnante Beispiele, die wir anführen wollen. Bei der zusätzli­chen Station fällt nicht nur ein erheblicher Baumbestand, sondern auch privates Grundeigen­tum zum Opfer. Das hat dazu geführt, dass die Landeshauptstadt München gemeinsam mit dem Freistaat Bayern und der Bahn beschlossen hat, die 2. Stammstrecke als Innenstadt­tunnel zu planen.

Die erste Lösung weist folgende Charakteristiken auf: Die Anbindung der S-Bahngleise beim Ostbahnhof zwischen den Gleisen 1 und 5, die offene Bauweise in der Kirchenstraße, die umfangreichen Eingriffe im Bereich des Haidenauplatzes und die Maßnahmen im Zusam­menhang mit der Verlegung des Kanals im Bereich des Haidenauplatzes waren die maßgeb­lichen Kriterien.

Es wurde ein zweites Konzept entwickelt mit dem Ziel einer möglichst frühzeitigen verkehrli­chen Wirkung. Sie sehen die zweistufige Lösung mit der Abzweigstelle in den Maximiliansan­lagen und noch mehr unterirdisch, ohne Inanspruchnahme von Betroffenheiten an der Ober­fläche, außer am Orleansplatz. Diese Lösung wurde einer weiteren Planung zugeführt mit den Zielsetzungen, dass wir die ersten beiden Abschnitte, die wir im Planfeststellungsverfah­ren haben, möglichst unberührt lassen und uns ausschließlich bei den Änderungen im Plan­feststellungsabschnitt 3 aufhalten, um den Genehmigungsprozess letztlich nicht zu blockie­ren. Der Südast hat die Besonderheit, dass er den Ostbahnhof nicht an der Oberfläche er­reicht, sondern mit einer Station parallel zur U-Bahn am Orleansplatz. Der Ast zum Leuch-tenbergring wird ohne Station durchgehend sein.

Es gibt eine weitere Variante. Die Medien haben sie heute schon veröffentlicht. Gestern wur­de die Trasse politisch vorgestellt. Es stellt sich die Frage: Warum eine weitere Untersu-

chung der Variante? Zurückzuführen ist das auf die Tatsache, dass im Frühjahr 2008 be­schlossen wurde, den Transrapid nicht zu bauen. Der Freistaat hat ein umfangreiches Gut­achten zur Anbindung des Flughafens in Auftrag gegeben. So war es nur natürlich, nachdem die Planungen der 2. S-Bahn-Stammstrecke sehr weit fortgeschritten sind, zu prüfen, ob ge­gebenenfalls aus der zweiten Stammstrecke heraus eine schnelle Flughafenanbindung sinn­voll und erforderlich ist. Das hat in eine weitere Variantenuntersuchung gemündet für eine mögliche schnelle Flughafenanbindung aus der 2. Stammstrecke heraus.

Die Trasse weist folgende Charakteristika auf: Die unterirdische Station am Ostbahnhof be­findet sich nicht mehr im Bereich des Südastes, sondern im Hauptast, Richtung Leuchten-bergring, und zwar unter der jetzigen U-Bahnstation, am Orleansplatz mit dem Ziel, eine möglichst rasche, schnelle und kurze Verbindung zum bestehenden Fernverkehr und zur U-Bahn zu erreichen, dass wir die Anbindung zum Leuchtenbergring unverändert lassen und wir einen Südast, sofern gefordert und erforderlich, zu jeder Zeit nachbauen können. Diese Kriterien haben wir der Planung zugrunde gelegt und in einer Variante, die wir in unserem Sprachgebrauch als „Haidhausen Nr. 3“ bezeichnen, dargestellt und die Vorplanungen in den letzten Wochen abgeschlossen.

Dies sind nicht die endgültigen Planungen, aber hier soll dargestellt werden, dass wir diese Lösung für eine Flughafenanbindung zu Ende gedacht haben. Wir werden diese Planungen in eine Entwurfsplanung überführen, um möglichst rasch einen Terminplan einhalten zu kön­nen.

Über den Stand des Genehmigungsverfahrens ist zu berichten. Ich denke, die drei Planfest­stellungsabschnitte sind mittlerweile bekannt: Der erste reicht von Laim bis zum Hauptbahn­hof, der zweite vom Stachus über den Marienhof bis zum westlichen Isarufer und der dritte Abschnitt im östlichen Teil, bezieht sich auf Haidhausen. Von der Genehmigung her ist der zweite Abschnitt am weitesten. Er wurde als erstes erörtert. Nach Rücksprache mit dem Ei­senbahnbundesamt gehen wir davon aus, dass wir den Beschluss in der Größenordnung von Mai 2009 zu erwarten haben. Das versetzt uns in die Lage, über einen realistischen Baubeginn sprechen zu können. Der Planfeststellungsabschnitt 1 im westlichen Teil ist et­was in Verzug geraten, nicht weil wir zu langsam waren in der Planung, sondern weil das Thema Schallschutz durch ein aktuelles Gerichtsurteil noch einmal zu überplanen ist. Das wird im Moment gemacht. Die Unterlagen dazu werden im Frühjahr ausgelegt. Insoweit sind wir zuversichtlich, den Beschluss im Jahr 2010 zu erwarten. Was den Abschnitt Nr. 3 betrifft, möchte ich zusammenfassend feststellen:

Wir haben in der Gesamtprojektierung drei Lösungen untersucht. Das eine war die sog. „Kir-chenstraßenlösung“, das zweite war die zweistufige Lösung und der Tatsache geschuldet, dass die Magnetbahn weggefallen ist, dann nochmals eine Neuuntersuchung zur Flugha-fenanbindung. Hiermit haben wir die Grundlagen geschaffen, damit man von der finanztech­nischen Seite her in der Lage ist, sich für eine dieser Lösungen definitiv zu entscheiden.

Es bleibt der kurze Ausblick: Ich hoffe sehr, dass diese heutige Veranstaltung dazu beiträgt, dass wir in der Weiterführung unserer Planung und Genehmigung mit der Zielsetzung der Realisierung der 2. Stammstrecke als Innenstadttunnel ein deutliches Stück vorankommen.

Vielen herzlichen Dank.

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Vorstellung der Projekte S-Bahn-Südring und Nordtunnel

Herr Dr. Martin Vieregg (VIEREGG & RÖSSLER GmbH): Sehr verehrter Herr Oberbürger­meister! Sehr verehrte Stadträte! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe die schwierige Aufgabe, Ihnen in der nächsten Viertelstunde das Konzept „VIEREGG-RÖSS-LER“ bezüglich des Südringausbaus vorzustellen. Dann wird Herr Rößler den Nordtunnel vorstellen, der auch von unserem Büro entwickelt wurde. In der weiteren Viertelstunde wird Herr Baumgartner das Konzept „Teilausbau Südring“ der Arbeitsgemeinschaft Kantke, Baumgartner, Schwarz vorstellen.

Was hat der Stadtrat im Jahr 2001 zur Auswahl gehabt? Es hat zwei Lösungsalternativen ge­geben: eine Südring-Planung, bei der die bestehenden Gleise geblieben wären. Man hätte nördlich zwei S-Bahngleise dazu gelegt. Das führt zu erheblichen Eingriffen, auf die Herr Scheller eingegangen ist. Im Bereich Heimeranplatz, Poccistraße, Reifenstuelstraße und im gesamten Bereich Ostbahnhof hätte es erhebliche bauliche Eingriffe gegeben.

Als Alternative: 520 Mio. € der Südring; 580 Mio. die 2. S-Bahn-Stammstrecke mit sechs Zwi­schenhalten. Aufgrund des Arguments, viele Neuerschließungen zu haben, hat man sich für den zweiten Tunnel entschieden. Man hat gesagt, dass es im Prinzip nicht mehr kostet als der Südring, man aber einen viel höheren Nutzen mit zusätzlichen Stationen hat.

Die jetzige Planung sieht anders aus. Die Zwischenhalte, die nichts mit Umsteigen zur

U-Bahn zu tun haben, sind verschwunden. Es bleiben nur noch der Hauptbahnhof und der Marienhof als reine Umsteigebahnhöfe. Ich kann da Herrn Scheller nicht folgen, wenn er sagt, das Ziel sei die Entlastung der zentralen Umsteigeknoten. Ich sehe eher das Problem, dass die Umsteigeknoten noch stärker belastet werden, vor allem auf U-Bahnseite.

Für die Planung „Haidhausen 3“ haben wir abgeschätzt, was die neue Planung kostet. Für den ersten Bauabschnitt sind wir auf 1.400 Mio. € gekommen. Weitere 350 Mio. € kämen für den Bau des Giesinger Astes hinzu.

Was schlägt VIEREGG-RÖSSLER bezüglich des Südring-Ausbaus vor? Der Südring-Aus­bau hat eigentlich nur noch den Namen mit der ursprünglichen Planung gemein. Wir haben weitgehend alles anders gelöst. Der wesentliche Unterschied ist: Es werden auf der gesam­ten Strecke die Fernbahngleise mitverschwenkt. Planerisch sehen wir es nur als breites Grundstück der DB an und konzipieren eine völlig neue Eisenbahnstrecke und legen nicht additiv dazu nur eine S-Bahnstrecke.

Der neue Gedanke an der Planung ist, dass wir drei Aspekte mit einem Schlag versuchen zu lösen, zum einen den Ausbau der S-Bahn, denn das ist ja der Aufhänger der ganzen Aktion. Es geht um die Kapazitätsausweitung des Münchner S-Bahn-Systems, damit man die West­äste auf einen 10-Minuten-Takt verdichten kann. Dann ist es eine Ersatzstrecke, falls im Tunnel ein Störfall auftritt. Der spezielle Vorteil des Eisenbahnsüdrings für die S-Bahn ist die Erschließung der südlichen Stadtteile in Ost-West-Richtung, so dass die Münchner im Süden nicht mehr in die Innenstadt fahren müssen, um auf die S-Bahn umzusteigen.

Der zweite Aspekt ist für die Anwohner sehr wichtig: die Verbesserung der Lärmsituation. Aufgrund der gesetzlichen Vorschriften beim Eisenbahnbau ist mit einem Ausbau der Stre­cke automatisch Lärmschutz verbunden. Hier sind die Lärmschutzkriterien sehr streng. Hier müssen praktisch alle Stahlbrücken ersetzt werden durch lärmarme Betonbrücken, selbst wenn die Stahlbrücken jüngeren Datums sind. Dann werden Lärmschutzwände und -wälle aufgebaut, und es werden Lärmschutzfenster an den Stellen gebaut, wo man durch Lärm­schutzwände und -wälle die gesetzlichen Grenzwerte nicht erreicht.

Der dritte Aspekt ist der Fernbahnausbau. Wir sind ein Büro, das sich sehr intensiv mit Fra­gen der Fernbahn beschäftigt. Schon häufig sind wir auf Probleme gestoßen im Rahmen von Fahrplanstudien beim Fernverkehr. Es ist auch in der Diskussion genannt worden: Der Süd­ring ist am Ende seiner Kapazität. Da ist etwas dran. Aber das liegt daran, dass der Zustand des Südrings bei der Fernbahn 100 Jahre alt ist und vor allem die Fahrstraßenkreuzungen


 

den Fahrplanmachern zu schaffen machen. Es sind im Prinzip Linksabbiegersituationen. Wenn sie mit dem Auto fahren und auf einer Landstraße links abbiegen wollen, müssen sie auch warten, bis kein Gegenverkehr mehr kommt. Hinter Ihnen bildet sich dann eine Schlan­ge von Autos. Genau diese Situation hat man im Fernverkehr beim Südring an verschiede­nen Stellen.

Sie sagen sich vielleicht: Fernbahn ist eigentlich kein Thema. Da gibt es kein übergeordnetes Projekt und keine Finanzierungstöpfe. Dem ist aber nicht so. Über den Südring laufen zwei europäische Magistralen. Es gibt in Europa nur wenige Stellen, wo zwei Magistralen auf der­selben Trasse laufen. Das ist praktisch von Laim bis Berg am Laim über den Südring der Fall.

Sehr wichtig ist die Frage: Ist ein Südring-Ausbau durchsetzbar? Ist es nicht so, dass die An­wohner lauter Tunnels fordern und wir eine ähnliche Situation bekommen wie in der Fasane­rie oder in Daglfing? Es ist sehr wichtig, festzustellen, dass wir bei unserer Planung keinen Quadratmeter Privatgrund benötigen. Wir benötigen an zwei Stellen städtischen Grund, und zwar im Bereich der Städtischen Berufschule an der Lindwurmstraße - da müssen wir ein paar Bäume fällen - und im Bereich der Städtischen Gärtnerei in der Au. Da brauchen wir auch einige Quadratmeter. Aber Privatleute sind in ihren Eigentumsrechten durch den Südring-Ausbau nicht betroffen, so wie wir das vorsehen.

Da die Eisenbahn entweder auf dem Damm oder in einem Einschnitt fährt, ist die Betroffen­heit für die Anwohner wesentlich reduziert gegenüber einer oberirdischen Lösung. Ich bin in den drei besonders betroffenen Bezirksausschüssen gewesen und habe dort sehr detailliert das Konzept vorgestellt. Es gab keine Forderungen nach Tunnelstrecken.

Im Folgenden habe ich die Bereiche Au und Kolumbusplatz ausgewählt. Wollte ich Ihnen al­les zeigen, wären wir bis Mittag beschäftigt. Ich kann Ihnen aber gerne anbieten: Wenn Sie bestimmte Teilbereiche näher kennenlernen wollen, können Sie, auch Fraktionen, uns gerne einladen. Dann zeigen wir Ihnen mehr. Dies ist ein besonders kritischer Abschnitt. Die Häu­ser sind direkt auf die Gleise ausgerichtet. Die Leute blicken vom Fenster aus auf die Eisen­bahn und haben keinen Lärmschutz. Erschwerend kommt hinzu, dass an der Stelle die einzi­ge scharfe Kurve des Südrings verläuft. Dort quietschen die Züge, wenn sie die Kurve fah­ren. Auf Kosten einer gewissen Fläche der städtischen Gärtnerei, was ich schon erwähnt habe, möchten wir den Damm nach Norden verbreitern und damit die Kurve entschärfen. Die Züge können statt 110 km/h dann 140 km/h fahren. Wir haben dann auf dem heutigen Damm noch Platz, um einen Wall aufzuschütten, so dass die Lärmsituation für die Anwohner

vollkommen entschärft ist. Entsprechend haben wir an anderen Stellen akzeptable Lösun­gen, sonst hätten die Bezirksausschüsse nicht so positiv auf unsere Planungen reagiert.

Für den Bereich Kolumbusplatz sehen wir eine ganz andere Planung vor als bisher disku­tiert. Bisher hat man sich überlegt, dass man zwischen Pilgersheimer Straße auf der Brücke und dem Kolumbusplatz, Giesinger Berg, einen Bahnhof auf dem Damm baut. Wir möchten den Bahnhof in den Einschnitt legen. Dafür ist nicht einmal ein völliger Kahlschlag der Be­pflanzung erforderlich, weil die schönsten Bäume oben am Einschnitt stehen. Diese könnte man stehen lassen. Wir haben diese Genauigkeit von Laim bis Leuchtenbergring konstruiert und schon in einigen Bezirksausschüssen die jeweiligen Abschnitte gezeigt. Die Planung ha­ben wir seit Juli 2008.

Die bestehenden Brücken werden vollständig saniert. Das ist der sog. Vollausbau. Benötigt werden Schrebergärten auf DB-Gelände. Es sind 7 oder 8 Schrebergärten in dem Bereich. Im Bereich Südbahnhof zur Isar hin haben wir auch noch einmal 6 Schrebergärten. Das ist aber alles, was erforderlich wird an Eingriffen. Aber es ist DB-Grund.

Wir verlegen die Straßenbahnen 15, 25 und 27 auf die Brücke Nockherberg mit einer neuen Straßenbahnstation. Die Brücke wird wesentlich verbreitert, so dass man drei Straßenbahnli­nien an die S-Bahn anbinden kann. Es entspricht den Forderungen der Bezirksausschüsse, auf der Straßenseite Verbesserungen durchzuführen.

Inzwischen haben wir uns sehr detailliert mit einem Zeitplan auseinandergesetzt. Wir haben seit Juli 2008 eine ingenieurtechnische Entwurfsplanung und stellen die seitdem in den Gre­mien vor. Ich war in den letzten Monaten in jeder Woche in einem Gremium, habe die Pläne vorgestellt, weiter daran gearbeitet und schon Feedback in die Pläne eingearbeitet.

Wir sind überzeugt, dass wir ungefähr im Jahr 2012 mit dem Bau beginnen können. Wir hät­ten jetzt noch drei Jahre Zeit. Die DB AG hat schon im Bereich Überwerfungsbauwerk Neu­lustheim Planung und Genehmigung in zwei Jahren durchgezogen. Am Heimeranplatz und am Südbahnhof sind keine Anwohner betroffen. Anwohner sind betroffen bei der Isar-Que-rung Giesing. Für dort sehen wir von Anfang an einen späteren Baubeginn vor, damit wir ge­nügend Zeit haben, die Anwohnerkommentare, die nicht unbedingt gegen das Projekt sein müssen, sondern auch konstruktiv sein können, berücksichtigen zu können. Wir haben dann Ende 2015 eine Inbetriebnahme des sog. Teilausbaus. Da kann man dann schon im 10-Mi-nuten-Takt auf dem Südring fahren. Aber östlich der Isar hat man erstmal nur zwei Gleise. Wenn man dann aber gleich weiter baut, kann man Ende 2017, also noch rechtzeitig zur

Olympiade, den Vollausbau in Betrieb nehmen. Der ganze Zeitplan ist relativ konservativ. An vielen Stellen ist noch Luft enthalten.

Der Teilausbau kostet 335 Mio. €, die Komplettierung zum Vollausbau 58 Mio. € - alles nach Preisstand 2006. Der Vollausbau kostet insgesamt rund 400 Mio. €. Wir gehen aber davon aus, dass man für die anstehende Sanierung und einen reduzierten Ausbau der Fernbahn, also für das, was unbedingt gemacht werden muss, in nächster Zeit ungefähr 150 Mio. € ausgeben muss, so dass für die S-Bahn noch ein Betrag von 240 Mio. € übrig bleibt.

Zur Finanzierung steht im Unterschied zum Projekt „2. S-Bahn-Tunnel“ nicht nur das Ge-meindeverkehrsfinanzierungsgesetz zur Verfügung, sondern auch der Bundesverkehrswege­plan. Da gibt es die Titel „Ausbaustrecke München-Mühldorf-Freilassing“ und „Knoten Mün-chen“, wofür kaum Gelder abgerufen wurden. Es gibt auch Zuschüsse im Rahmen der trans­europäischen Netze. D. h., die Stadt muss in beiden Fällen nichts zahlen. Aber insgesamt ist es eine wesentlich kleinere Summe, die man überhaupt finanzieren muss.

Am Schluss möchte ich Ihnen noch ein bisschen visualisieren, welche Auswahl man hat: Zweite Stammstrecke entweder durch die Innenstadt. Hier konzentriert sich der gesamte Umsteigeverkehr auf die Innenstadt. Bei der zweiten S-Bahn-Stammstrecke, Südring, be­kommen wir eine Entzerrung, praktisch Tangenten statt Durchmesserlinien. Das ist eigentlich mein größtes Anliegen. Sie müssen sich überlegen, ob wir in München noch einmal eine Durchmesserlinie brauchen oder ob wir mit Tangenten besser bedient sind. Wenn Sie einmal Zeit haben, dann surfen Sie im Internet und sehen Sie sich Liniennetzpläne von Städten an, die etwas größer als München sind. Sie werden feststellen, dass sie alle keine Durchmesser­linien haben, sondern Tangenten und Ringe. Ich befürchte, langfristig gesehen führt der ge­samte Bereich Innenstadt, Marienplatz-Hauptbahnhof, zu einem Kollaps, weil diese Menge an Umsteigern einfach nicht mehr zu bewältigen ist.

Ich übergebe zum Thema Nordtunnel an meinen Kollegen, Herrn Rößler.

Herr Rößler (VIEREGG & RÖSSLER GmbH): Sehr verehrter Herr Oberbürgermeister, sehr verehrte Stadträte! Sehr verehrte Damen und Herren im Publikum und von der Presse! Bei der zusätzlichen Kapazität haben die beiden Varianten weiterhin einen Pluspunkt. Schon beim Punkt Umleitungsfähigkeit bei Störfällen auf der 1. Stammstrecke schneidet der zweite Tunnel nicht mehr so gut ab; denn auf einem voll ausgebauten Südring werden insgesamt vier Gleise zur Verfügung stehen und nicht nur zwei. Im Notfall stehen auch noch zwei Fern­gleise zur Verfügung, über die man einzelne S-Bahn-Züge leiten kann, die auf den reinen

S-Bahn-Gleisen keinen Platz haben. Alle anderen Kriterien sprechen eindeutig für den Südring-Ausbau und gegen den zweiten Tunnel. So viel zum Südring.

Wir kommen zum Projekt Nordtunnel. Sie sehen Probleme aufgezeigt, die mit unserem Vor­schlag, Ausbau des Eisenbahnsüdrings für die S-Bahn, erledigt sind. Von uns sind weitere sieben Probleme von 4 bis 10 aufgelistet, die München genauso beschäftigen wie die Pro­bleme, die bisher im Zusammenhang mit der 2. S-Bahn-Stammstrecke diskutiert werden. An erster Stelle sei die fehlende schnelle Flughafenanbindung des Hauptbahnhofes genannt, nachdem das Transrapid-Projekt seit ungefähr einem Jahr tot ist. Als nächstes sei eine Ent­lastungsstrecke für die U 3 und U 6 genannt. Die U 9 ist im Gespräch. Es fehlt aber eine di­rekte Schienenanbindung des Münchner Nordens an den Hauptbahnhof. Hier könnte die U 9 Abhilfe schaffen. Der Münchner Norden braucht aber auch eine direkte Schienenanbindung an den Flughafen, ohne Umwege über die Innenstadt, sonst steigen die Leute gleich ins Auto ein. Der Münchner Norden hat keine Schienenanbindung an den prosperierenden Os­ten Münchens. Es gibt zwar zahlreiche Autostraßenringe. Aber es besteht die Absicht, Auto­verkehr durch Schienenverkehr zu ersetzen. Dann fehlen zusätzliche Gleise von München in Richtung Neufahrn, um einen 10-Minuten-Takt auf der S 1 zu schaffen.

Die Anwohner protestieren schon längst gegen weitere Züge. Sie werden den Ausbau durch Ober-, Unterschleißheim, Eching und Neufahrn nur durchgehen lassen, wenn alles komplett innerhalb der Wohngebiete in Tunnel verlegt wird. Da kämen auf die öffentliche Hand Milliar­denkosten zu. Des Weiteren fehlt ein Konzept, wie die Europa-Magistrale, die Fernzüge Pa­ris-Budapest durch München geführt werden, ohne dass der Hauptbahnhof abgehängt wird, der Flughafen aber angebunden wird. Die bislang diskutierte Pasinger Schleife wäre für München ein Nachteil, weil der Hauptbahnhof dann nicht mehr von den Zügen angefahren würde. Es fehlen Durchgangsgleise im Münchner Hauptbahnhof. Hierfür wurde das Projekt München 21 diskutiert. Das ist wegen zu hoher Kosten bei zu geringem Nutzen gecancelt worden. Das hätte drei Minuten Fahrzeitgewinn gegenüber der Fahrt der Züge über den Südring bedeutet. Außerdem fehlt dem Stadion der Allianz Arena eine zweite leistungsfähige Schienenanbindung. Es sind sieben Probleme.

Wir glauben, dass wir mit dem Vorschlag Nordtunnel München mit Fortsetzungsstrecken Richtung Flughafen, Freising und Unterföhring alle sieben Probleme mit einem Schlag lösen können. Wir machen einen Vorschlag für eine ganzheitliche Lösung und nicht für sieben Ein­zelprobleme sieben Einzellösungen, sondern wir bieten eine Lösung, die sieben Probleme bewältigt.

Das Tunnelbauwerk beginnt ungefähr an der Hackerbrücke mit einem unterirdischen Durch­gangsbahnhof, biegt dann nach Nord-Osten ab zur Münchner Freiheit. Ungefähr beim Frank­furter Ring, Güternordring, ist die Tunneltrasse zu Ende. Es folgt ein oberirdischer Abschnitt, der im Bereich Freimann noch einmal unterirdisch geführt wird, wo wieder Wohnbebauung betroffen wird. Ab Bahnhof Fröttmaning verläuft die Trasse oberirdisch. Fröttmaning be­kommt einen Sonderzugbahnhof, damit wirklich die großen Menschenmengen mit großen leistungsfähigen und kapazitätsmäßig ausreichend dimensionierten Zügen hingeschafft wer­den können, und zwar umsteigefrei, vielleicht auch von Stuttgart, wenn VfB-Stuttgart gegen München spielt. Dann schwenkt die Trasse oberirdisch an die A 9 heran und folgt dieser bis zum Neufahrner Kreuz, biegt an die A 92 heran, ästelt sich bei Neufahrn auf und schwenkt in die Freisinger Bahnstrecke und in die Flughafenstrecke der S 1 ein. Für den Bereich Gauting sehen wir noch einen Tunnel vor, weil Wohnbebauung betroffen wird. Garching bekommt einen Bahnhof. Wir haben dort Gespräche geführt mit der Stadtspitze. Die Autobahn wird dann auch gleich mit in den Tunnel verlegt. Eching kann einen Regionalbahnhof bekommen, wo das Gewerbegebiet ist.

Wir haben ermittelt, dass unser Vorschlag, Nordtunnel mit Fortsetzungsstrecken, betrieblich dazu führt, dass die gigantische Kapazität, die dieses Bauwerk eisenbahnbetrieblich hat, nur bruchstückhaft ausgenutzt werden kann. Nach Computer-Simulation des Betriebes haben wir festgestellt, die neue Infrastruktur verkraftet 37,5 Züge pro Stunde und Richtung. Das ist mehr als die heutige S-Bahn-Stammstrecke, auch deswegen, weil die Züge nur an wenigen Stellen halten und alle Haltebahnhöfe über vier Gleise verfügen. 37,5 Züge - um die nur an­satzweise auszulasten, brauchen wir noch mehr Züge, nicht nur Regional- und Fernverkehr, nicht nur Airport-Express.

Wir schlagen Ihnen vor, dass man zwei S-Bahn-Linien durch den Nordtunnel München schickt. Es bietet sich an, die S 7 und die S 27 zu nehmen, ab Solln die Strecke auszubauen und ein drittes Gleis von Solln bis Mittersendling zu legen. Ab Mittersendling gibt es schon das dritte Gleis.

Drei neue Stationen schlagen wir vor, insbesondere ein direktes Umsteigen in Obersendling zu ermöglichen, ohne den langen Weg von der S-Bahn-Station Siemenswerke zur U-Bahn­Station Obersendling. Die S-Bahn bekommt dann im Nordtunnel zusätzlich zum Hauptbahn­hof und der Münchner Freiheit noch Stationen an den Pinakotheken und in der Parkstadt Schwabing. In der Parkstadt Schwabing teilt sich das Konzept Nordtunnel München. Zwei S-Bahn-Gleise biegen nach Osten ab, schwenken an den Güternordring an, folgen diesem, aber mit separaten Gleisen. In der Nähe des Tatzlwurms kann eine S-Bahn-Station entste-

hen. Eine U-Bahn-Station müsste dann auch dazugebaut werden, um ein Umsteigen zwi­schen U 6 und S-Bahn zu ermöglichen - über die Umsteigemöglichkeit an der Münchner Freiheit hinaus. Wir nennen den Bahnhof provisorisch „Freimann Süd“. In Unterföhring Süd kann westlich des Heizkraftwerks ein weiterer S-Bahnhof entstehen zur Erschließung von München-Oberföhring. Hier wäre auch die Option, die nach St. Emmeram geplante Tram­bahn-Linie noch um eine Station zu verlängern, damit die Trambahn einen Übergang zur S-Bahn und umgekehrt erfährt. Östlich des Heizkraftwerkes sehen wir vor, dass sich der S-Bahn-Ast aufsplittet, links abbiegend zwei Gleise, die noch vor dem Unterföhringer Tunnel in die S 8-Strecke Richtung Flughafen münden und vor Johanneskirchen zwei Gleise, die in die S 8-Strecke Richtung Ostbahnhof münden.

Sie sehen auf diesem Chart, dass wir den von der Stadt gewünschten Tunnel von Johannes­kirchen bis Englschalking und Daglfing schon eingezeichnet haben. Nach unserer Überzeu­gung müssen S-Bahn und Güterverkehr getrennt werden durch einen viergleisigen Ausbau. Bei zwei Gleisen verkraftet die Strecke neben der heutigen S 8 auch eine Linie, die aus dem Nordtunnel München kommend durch die drei östlichen Stationen fährt und diese bedient. Entweder verläuft die Linie dann als Ostring weiter zum Ostbahnhof und stellt hier einen Lini-enschluss her oder nach Trudering, um eine echte Tangentiale zu schaffen.

Mit diesem Konzept Nordtunnel München und Fortsetzungsstrecken lassen sich spektakulä­re Fahrzeitverkürzungen erzielen. Analog der Fahrten Frankfurt-Paris von ICE oder TGV dauert eine "Reise" vom Hauptbahnhof zum Flughafen nur noch 13 Minuten. Das ist eine Einsparung gegenüber der heutigen S-Bahn um 70 %. Ist es der Airport-Express mit Zwi­schenhalten an der Münchner Freiheit und Garching, dauert die Fahrt 17 Minuten, das ist auch deutlich schneller als heute. Der Regionalzug von München Richtung Landshut, Re­gensburg und Passau fährt schon heute in der Hauptverkehrszeit mit drei Zügen. Wir wollen eine Linie durch den Nordtunnel München schicken und mindestens eine zusätzlich von München kommend nach Mühldorf einziehen. Diese Regionalzüge schaffen die Strecke von München-Hauptbahnhof zur Münchner Freiheit in drei Minuten, das sind 77 % Einsparung, und das Umsteigen in die U-Bahn fällt weg. Nach Garching zum Forschungsstandort dauert die Fahrt nur neun Minuten, sie ist also 10 Minuten kürzer als heute. Die S-Bahn-Fahrt vom Hauptbahnhof zu den Pinakotheken dauert lächerliche zwei Minuten und zur Parkstadt Schwabing sechs Minuten.

Der Hauptbahnhof könnte ein sechsgleisiger Durchgangsbahnhof werden unter der nördli­chen Hälfte der Haupthalle. Wir schlagen jedoch vor, dass man die oberirdischen Gleise 24 und 25 beseitigt, ebenso wie den dazugehörenden Mittelbahnsteig. Dadurch bekommt dieser

unterirdische Bahnsteig, den wir auf 19 m Tiefe konzipiert haben, Licht und Luft von oben und wirkt nicht wie ein Kellergeschoss. Im Falle eines Brandes könnten Rauchgase, heiße Luft usw. nach oben abziehen.

Der gesamte Nordtunnel München - von der Hackerbrücke bis zum Nordring, einschließlich der drei Zwischenstationen - wird von uns mit 1,6 Mrd. € kalkuliert, der Ast von der Parkstadt Schwabing noch einmal mit 100 Millionen €. Der weitgehende oberirdische Abschnitt der A 9 mit der A 92 wird mit einer weiteren halben Milliarde € berechnet. Es können dann noch klei­nere Beträge für den Stadionbahnhof mit Abstellanlagen für die Untertunnelung Garching und Ausbau der S 7 von Mittersendling bis Solln hinzukommen. Grundlage dieser Kostener­mittlung sind ingenieurtechnische Planungen, die wir im letzten halben Jahr im Stadtgebiet München durchgeführt haben. Zum Teil wurden die Planungsunterlagen im Maßstab 1 : 100 mit detaillierten Bauwerksplanungen, Machbarkeitsstudien usw. erstellt, um nachzuweisen, dass es geht. Außerhalb der Stadt München ist der Maßstab etwas gröber gehalten, nämlich 1 : 25.000. Den Preisstand haben wir zum 01.01.2006 ermittelt.

Ähnlich wie bei den durch Herrn Dr. Vieregg vorgestellten Südring-Planungen können durch den Nordtunnel München und seinen Fortsetzungsstrecken die schon erwähnten Finanzie­rungstöpfe angezapft werden, denn Bund, Land und die Europäische Union sind die Finan­ziers. Die Stadt München muss nicht finanzieren, im Gegensatz zum U-Bahnbau. Die Um­steigesituation zwischen S- und U-Bahn und zwischen den Stammstrecken in der Innenstadt verbessert sich weiter und wird noch zentralisierter. Wir haben Ihnen die alte Stammstrecke der S-Bahn und die zweite Stammstrecke eingezeichnet, während der Nordtunnel mit ertüch­tigter Strecke Solln und Linienast Unterföhring aufgeführt wird. Die Umsteigepunkte vervielfa­chen sich gegenüber den wenigen Umsteigepunkten beim zweiten S-Bahn-Tunnel. München wird so dezentral und kommt dadurch auf Augenhöhe mit Städten wie Berlin, London oder Paris, dort konzentriert sich das Umsteigen auch nicht nur auf das Stadtzentrum.

Der erste Vergleich ist ein Schnellschuss, daher bitte ich um Nachsicht: Die Kosten sind sehr grob ermittelt. Der zweite S-Bahn-Tunnel in der dritten Haidhauser Planungsversion wird mit 1,4 Mrd. € beziffert. Wir haben überschlägig 100 Mio. € für die neue U 9 angesetzt. Herr Kö­nig wird das nachher sicher genauer darstellen. In der Summe macht das 2,1 Mrd. € aus. Nach unserem Vorschlag muss für den Südring, den Nordtunnel und den Oberföhringer S-Bahn-Ast ungefähr mit 2,1 Mrd. € gerechnet werden. Man bekommt auf diese Weise we­sentlich mehr Bahnstrecke für das gleiche Geld. Wenn der zweite S-Bahn-Tunnel gebaut wird, versenken wir mehr als 1 Milliarde € an Projektgeldern, was die Kopflastigkeit des in­nerstädtischen Schienensystems noch weiter erhöht. Es wird Geld in diese Tunnelröhre

durch die Innenstadt gesteckt, das man dringend zum Bau einer direkten Flughafenanbin-dung ohne Umweg über den Osten benötigen würde. Mit dem Nordtunnel München ist das Herzstück der Direttissima zum Flughafen schon geschaffen - ohne 90-Grad-Umweg über den Leuchtenbergring und Daglfing. Zusätzlich hätten wir eine dritte Stammstrecke der S-Bahn durch München. Wir denken, dass 2,1 Milliarden € für diese beiden Projekte besser investiert wären als diese Summe in den zweiten S-Bahn-Tunnel.

Herr Thomas Kantke: Guten Tag meine Damen und Herren, wir bedanken uns bei der Lan­deshauptstadt München für die Einladung, unser Projekt "Teilausbau Südring" in den nächs­ten 15 Minuten vorstellen zu dürfen. - (OBM Ude: 10 Minuten!) - Am Planungsdreieck sehen Sie die Abhängigkeiten als Grundlage jeder Planung: Zugangebot, Fahrzeit- und Infrastruk­tur. Es gibt hier starke Abhängigkeiten. Keinesfalls ist es zulässig, einen Teil des Planungs­dreiecks zu vernachlässigen. Dabei gilt stets die Regel: Organisation vor Elektronik vor Be­ton. D. h., wenn man ein Ziel erreichen will, muss man zuerst Organisation, Fahrpläne, La­gen, Wagenumlaufpläne usw. optimieren. Wenn das nicht funktioniert, kommt als zweiter Schritt die Elektronik, Verbesserung der Signalsysteme usw. Wenn alles nichts hilft, folgt als letzter Schritt Beton in der Reihenfolge: Oberirdische Maßnahmen mit dem deutlichen Vor­zug vor unterirdischen Maßnahmen im Sinne des effizienten Einsatzes von Steuergeldern.

Aufgrund des Status von 2001 haben wir angebots- und nachfrageorientierte Komponenten beachtet: Einheitlicher Angebotsstandard bei S- und U-Bahn, 10-Minuten-Takt auf allen S-Bahnlinien, Minimierung der Umsteigevorgänge und -wege, von Haus zu Haus Reisezei­ten und gestreckte Linienführung - also keine Gurkenlinie von Solln nach Neuperlach. Das Verhältnis des Verkehrsaufkommens Stammstrecke zu Südring ist 85 : 15 %. In der Entwick­lung haben wir sieben S-Bahnlinien, jede fährt im 10-Minuten-Takt, das sind 42 S-Bahnen pro Stunde und Richtung. Davon dürfen wir drei Züge für die S 27 abziehen, somit verblei­ben 39. Demnach ist das nachfragegerechte Aufteilungsverhältnis der Stammstrecke zum Südring 33 : 6. Wir wissen von der DB ProjektBau GmbH nach den Planfeststellungsunterla­gen, dass wir eine Mindestzugfolgezeit mit Linienzugbeeinflussung (LZB) von 1,6 Minuten haben. Das deckt sich komplett mit unseren Überlegungen, denn wir haben zahlreiche Mes­sungen durchgeführt. Davon müssen wir 10 % Reserve abziehen, das wären dann 33,75 Züge und bedeutet, ein stabiler Betrieb von 33 S-Bahnen pro Stunde und Richtung ist reali­sierbar. Im Linienkonzept entspricht jeder Doppelbalken einem 10-Minuten-Takt, alle Linien fahren im 10-Minuten-Takt. Die Linien S 3/S 6 sind gesplittet: Abwechselnd ist es möglich, alle zehn Minuten durch die Innenstadt zu fahren und über den Südring. In Pasing, Laim, Heimeranplatz und am Leuchtenbergring gibt es die Korrespondenz: Sie können bahnsteig­gleich umsteigen. Das bedeutet, es funktioniert sehr gut, ebenso wie bei der MVG. Am

Scheidplatz und dem Innsbrucker Ring gibt es kurze Wege und keine Distanzen von 40 m in die Tiefe wie beim S-Bahn-Tunnel, das einem 13-stöckigen Hochhaus entspricht, wofür man vier Minuten braucht.

Das Fahrplankonzept ist auf die Sekunde durchgerechnet, und das steht auch im Internet. Durch die 600 m Einzugsbereiche gemäß offizieller Planung haben wir eine verbesserte Er­schließungswirkung. Der zweite Tunnel würde keine zusätzliche Erschließung bedeuten, sondern nur die Zentralisierung auf Hauptbahnhof und Marienplatz deutlich verschärfen. In der Gleistopologie ist die Korrespondenz in Laim, Pasing, Heimeranplatz und am Leuchten-bergring erkennbar. Wir haben am Ostbahnhof acht Gleise und dadurch einen zügigen stabi­len Betrieb, der nicht ständig durch Betriebsstörungen behindert wird. Der Bedarf für das Zugangebot auf dem Südring wird anhand des Fahrplannetzes 2009 dargestellt. Beim Teil­ausbau Südring sehen Sie zusätzlich sechs S-Bahnzüge. Wir haben weitere Verkehrswech­sel berücksichtigt, z. B. für den Verkehr in Richtung Kufstein und Italien im 60-Minuten-Takt. Heute wird im 2-Stunden-Takt gefahren. Dazu brauchen wir eine Leistungsfähigkeit von 18 Zügen pro Stunde und Richtung auf dem Südring.

Herr Stefan Baumgartner: Guten Tag, meine Damen und Herren, ich habe Verkehrsinge­nieurwesen in Dresden studiert und freue mich, hier in meiner Heimatstadt unsere Ideen ein­bringen zu dürfen. Wir haben auf dem Südring den 10-Minuten-Takt in signaltechnischen Sperrzeitentreppen. Zwischen den beiden S-Bahnen können locker zwei weitere Züge Platz finden, z. B. Güterzüge, Fern- oder Regionalzüge. D. h., drei Züge in zehn Minuten, das sind 18 Züge pro Stunde und Richtung. Ein sehr gutes Beispiel dazu findet sich auf der Mischbe-triebsstrecke von 8 km Länge zwischen Winthertur und Effretikon, das ist im Zulauf von Zü­rich. Dort fahren in der Spitzenzeit 15 Personenzüge, zusätzlich Güter- und Postzüge. Post­züge müssen in der Schweiz sehr pünktlich sein. Das funktioniert auf dieser Strecke relativ gut, sie ist ungefähr doppelt so lang wie unsere Strecke auf dem Südring.

Wo liegt der Engpass? Nicht in der Doppelstruktur zwischen Süd- und Ostbahnhof, bei der­zeit zwei Gleisen, sondern man sieht das beim Linienkonzept für die S-Bahn, unabhängig davon, welche Variante beschlossen wird, am Ostbahnhof oder Leuchtenbergring. Dort ist auf jeden Fall ein Umbau notwendig. Um hier die Kapazität zu schaffen, sehen wir am Ost­bahnhof acht Gleise vor, derzeit sind es fünf. Am Leuchtenbergring haben wir uns statt der vorhandenen vier künftig sechs S-Bahngleise vorgestellt. Hintergrund ist, wir brauchen am Ostbahnhof eigene Gleise für die Zufahrt zum Betriebshof der S-Bahn. Ab Ostbahnhof sollen es zwei Gleise für den Südring und ein Gleis für die bestehende Stammstrecke werden. Die Bahnhöfe Laim und Heimeranplatz erhalten vier S-Bahngleise, die Zwischenstationen zwei.

Gemäß Gleistopologie erfolgt die Ein- und Ausfädelung auf der Mischbetriebsstrecke zwi­schen Isarbrücke und Ostbahnhof höhenfrei. Es gibt keine Zugfolgekonflikte mehr zwischen Fernverkehr und S-Bahn, und man kann die Betrachtung durchführen. Um die Anmerkung von Herrn Scheller aufzunehmen: Wir bleiben auf bahneigenen Flächen und brauchen keine zusätzlichen. Bei einem zweigleisigen Ausbau sind rechtlich zwingend keine Lärmschutz­maßnahmen möglich, aber es ist in Kooperation mit den Anwohnern sinnvoll, unabhängig vom Bauprojekt eine gemeinsame Lösung zu finden.

Ein kurzer Einblick in die Tiefe unserer Planung am Beispiel Ostbahnhof: Wir sind detailliert bis auf die Planungstiefe Gleis eingegangen, es sind auch Gleisradien eingezeichnet. Die oberen drei Bahnsteige führen zum S-Bahn-Tunnel, auf dem vierten Bahnsteig zum Südtun­nel fahren heute die Fernzüge. Es ist aus verschiedenen Gründen sinnvoll, den Fernver­kehrsteil anzupassen. Die Magistralen wurden auch schon angesprochen, so dass man pro Fahrtrichtung zwei Fernverkehrsgleise hat und weitere Gleise für Autoreisezüge und Nacht­züge zur Verfügung stehen. Wir haben in unserer Kostenschätzung konservativ gerechnet. Die Herren Vieregg und Rößler haben das vorhin sehr schön dargestellt. Wir sind bei 600 Mio. € geblieben, und das beinhaltet alle zusätzlichen Maßnahmen, die möglicherweise noch durchzuführen wären. Nachdem diese 600 Mio. € deutlich geringer sind als die Summe für den zweiten S-Bahn-Tunnel, besteht die Möglichkeit, die Verspätungsquellen an den ein­gleisigen Außenstrecken mit langen Mischbetriebsanteilen innerhalb des Budgets zu finan­zieren. Bis 2015 wären wir fertig, auch das ist konservativ gerechnet; nur bei den politischen Entscheidungen bestehen Schwierigkeiten. Dankeschön! - (Beifall) -

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Kurzpräsentation Projekt "U 9" - Bezüge zum Projekt Nordtunnel

Herr Herbert König (SWM-GFVB): Herr Oberbürgermeister, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein kleiner Ausflug zur U-Bahn im innerstädtischen Netz: Ich denke, ich muss das Schema nicht erläutern, es ist wohlbekannt. Es handelt sich um ein sehr erfolgreiches Netz, das erleben Sie täglich. Die Fahrgastzuwächse, insbesondere in den letzten Jahren, sind sehr respektabel. Unsere Vorväter oder die Älteren unter Ihnen haben offensichtlich vorsich­tig und gut geplant. Aber auch der Erfolg verursacht manchmal neue Probleme an verschie­denen Stellen. Bereits heute zeichnen sich vier Problembereiche im innerstädtischen U-Bahn-Netz ab, die - wenn das Fahrgastaufkommen weiter zunimmt - an Bedeutung gewin­nen:

1.      Die Nord-Süd-U-Bahn im innerstädtischen Bereich - U 6/U 3-Achse zwischen Impler-straße und Münchner Freiheit und die U 1/U 2-Achse zwischen Theresienstraße und Kolumbusplatz - ist in der Hauptverkehrszeit an der definierten Vollauslastung gemäß Nahverkehrsplan angekommen. Diese Linien sind nur noch begrenzt aufnahmefähig.

2.      Wir haben Probleme an insgesamt drei Umsteigeknoten: Am Sendlinger-Tor-Platz durch stark kreuzende Umsteigeströme und die Tendenz zur Überlastung insbeson­dere der Bahnsteige von U 3 und U 6.

3.      Wir haben diese Situation auch am Hauptbahnhof, und dort konkret bei der Bahn­steiganlage U 1 und U 2 im Untergeschoss. Dort ist die Auslastungsgrenze in der Hauptverkehrszeit ebenfalls erreicht.

4.      Dann gibt es noch den Problembereich Odeonsplatz mit den Verbindungswegen für die Umsteiger.

Diese vier Problembereiche werden durch den erwünschten Ausbau der S-Bahn-Kapazität nicht entschärft, sondern tendenziell verstärkt. Die S-Bahn soll ausgebaut werden, damit mehr Pendler in die Stadt hineinkommen, daher ist in Nord-Süd-Richtung auch mehr Fahrga­staufkommen zu verteilen. Das hat uns zur Projektidee geführt, die wir vorerst U 9 genannt haben. Das ist die Konzeption einer Entlastungsstrecke, eines sog. U-Bahn-Bypasses Imp-lerstraße über Hauptbahnhof zur Münchner Freiheit, mit dem Ziel, zunächst einmal mehr Streckenkapazität zu schaffen. Umgekehrt aber auch, und das ist der Unterschied zur Idee des Nordtunnels, die nicht überlasteten Kapazitäten, also U 6 nördlich der Münchner Freiheit oder südlich der Implerstraße, auch weiterhin optimal zu nutzen und keine Parallelbeziehun­gen aufzubauen. Dieser Bypass ermöglicht neue Direktverbindungen, etwa Züge aus dem Süden (U 6/U 3) auf die neue Strecke zu führen. Das bedeutet wiederum, heutige Umsteige­beziehungen werden zu möglichen Direktverbindungen. Dadurch ergibt sich auch eine Ent­lastung von überlasteten Umsteigeknoten. Deutlich wird das am Beispiel Sendlinger-Tor-Platz. Wenn man z. B. von Holzapfelkreuth direkt zum Hauptbahnhof fahren könnte, redu­zierte sich der Umsteigeverkehr am Sendlinger-Tor-Platz signifikant.

Die freiwerdenden Kapazitäten auf der heutigen Trasse U 3/U 6, könnten wir nutzen, um die U 3 in Richtung Norden über den Scheidplatz nach Feldmoching zu führen. Damit ergibt sich als weiterer Effekt eine Entlastung für die U 2 im Nordabschnitt. D. h., mit dieser Konzeption könnten alle vier Problembereiche gemeinsam entschärft werden. Es ist zunächst eine Idee, deswegen nenne ich heute auch keine Investitionssummen, wie z. B. Herr Rößler, das wäre

noch unseriös. Die Planungen müssen noch konkretisiert werden, damit man in die Kosten­schätzung einsteigen kann.

Ich will jedoch, was auch mein Auftrag war, einen Bezug zu dem Thema Nordtunnel herstel­len: Wir haben ihn zur Übersichtlichkeit östlich der Achse Marienplatz/Münchner Freiheit ein­gezeichnet. Die Beurteilung würde sich nicht ändern, wenn er westlich verliefe. Es wird klar, eine solche zusätzliche Infrastruktur aus der Stadtmitte nach Norden würde natürlich auch zusätzliche Kapazitäten nördlich der S-Bahn-Stammstrecke schaffen und dort vorhandene Probleme entschärfen. Dies stellt jedoch keine Problemlösung für die südliche Strecke dar, z. B. Sendlinger Tor usw. Deswegen ist dies aus unserer Sicht immer nur eine Teilalternative zum Konzept U 9.

Wir haben heute schon viel über Investitionskosten gehört. Man baut solche Infrastrukturen jedoch auch, um sie über viele Jahrzehnte nutzen zu können. Deswegen bitte ich Sie drin­gend, bei der Beurteilung von Projekten immer auch die Folgekosten zu berücksichtigen. Z. B. klingt es beim Thema Nordtunnel sehr schön, eine völlig neue Strecke nach Garching zu leiten. Sie wäre jedoch eine klare Konkurrenz zu der erst vor wenigen Jahren realisierten U-Bahn nach Garching mit der Folge, dass sich dort das Fahrgastaufkommen entsprechend teilt. Nachfolgend würden sich die Betriebskostenzuschüsse für die Träger, Stadt Garching und Landkreis München, massiv erhöhen. Es ist also wichtig, die Folgekosten nicht unbe­rücksichtigt zu lassen.

Es wird immer sehr viel über den Verkehr zum Stadion in Fröttmaning gesprochen. Im Kon­zept Nordtunnel wird sogar ein eigener Bahnhof für das Stadion vorgesehen. Mir ist natürlich bewusst, wie bedeutungsvoll Fußball ist, aber man sollte nicht außer Acht lassen: Wenn ge­rade keine Fußballweltmeisterschaft stattfindet, haben wir etwa vierzig Spieltage im Jahr! D. h., die vorhandene und sehr aufwändige Infrastruktur am Bahnhof Fröttmaning ist mit viel Geld gebaut worden, trotzdem ist sie nur an vierzig Tagen im Jahr für den An- und Abtrans­port ausgelastet. Dort haben wir kein Kapazitätsproblem, wir haben es in der Innenstadt! Deswegen macht es keinen Sinn, über zusätzliche Infrastrukturen mit noch schlechterer Aus­lastung in Fröttmaning nachzudenken. Vielen Dank! - (Beifall)

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Sachstandsbericht zum 2. S-Bahn-Stammstreckentunnel

Herr Ministerialdirigent Hans Peter Göttler (Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, In­frastruktur, Verkehr und Technologie): Sehr geehrte Damen und Herren Stadträte, meine Da-

men und Herren! Einig sind sich alle, dass wir etwas zum Ausbau der Münchner S-Bahn und des ÖPNV tun müssen, denn man ist an Grenzen gestoßen. Der Erfolg hat dazu geführt, dass die täglichen Verkehrszahlen kein Zukunftsszenario mehr erlauben. Das verfolgen wir gemeinsam mit der Stadt München seit vielen Jahren. Seit dem Stadtratsbeschluss 2001 ar­beiten wir an dem Projekt des 2. Stammstreckentunnels, und dazu präsentiere ich Ihnen eini­ge Fakten.

Ohne meinen Vorrednern nahetreten zu wollen, stelle ich doch die sehr unterschiedliche Pla­nungstiefe fest, die auch hinsichtlich der Kosten und des Realisierungszeitpunktes abwei­chende Horizonte haben. Wir stehen vor der Olympiabewerbung 2018 in einer entscheiden­den Phase und müssen den zweiten Tunnel angehen. Wir wollen rechtzeitig bis 2017 fertig sein! Ich erinnere noch einmal an den Beschluss des Münchner Stadtrates aus dem Jahr 2001, wonach man sich gemeinsam mit dem Freistaat Bayern dazu entschlossen hat, diesen zweiten Tunnel zu planen, zu erweitern und zu betreiben. Hintergrund ist, dass die S-Bahn in erster Linie die Aufgabe hat, das Umland mit der Stadt zu verbinden und im Stadtbereich die Kapazität der 1. Stammstrecke ausgeschöpft ist. Wir haben uns mit der Deutschen Bahn zu­sammengetan, um das Streckennetz durch ein 266 Millionen-Euro-Programm zu optimieren. Wir sehen jedoch keinen weiteren Spielraum, auch wenn das zum Teil bei der 1. Stammstre­cke für möglich gehalten wird. Unserer Ansicht nach würde das zu einer weiteren Ver­schlechterung der Betriebsqualität führen, den ÖPNV uninteressanter machen und den Indi-vidualverkehr stärken, was unseren verkehrspolitischen Zielsetzungen entgegenläuft. Alle Planungen und Prognosen zeigen, Frau Prof. Dr. (I) Merk hat darauf hingewiesen, dass ge­rade die Region München im Umland weiter wachsen wird. Nach der Datenbasis des MVV wird das Umland bis zum Jahr 2020 um 180.000 Einwohner zunehmen. Auf dieser Basis gibt es auch Untersuchungen der Verkehrszunahme. Es wird mit Zuwächsen von 18 % zwischen München und dem Umland gerechnet. Das ist in Bezug zu setzen zu dem heute bereits aus­gelasteten S-Bahn-System. Daran sehen Sie, dass wir wesentliche Steigerungsraten im S-Bahn-Bereich, und damit im ÖV, nur erzielen, wenn wir die Infrastruktur deutlich ertüchti­gen. Eine aktuelle Untersuchung für den zweiten Stammstreckentunnel hat ergeben, dass wir pro Linienast bis zu 25 % mehr Fahrgäste bis 2020 auf die Schiene holen können, wenn wir im Kern des Engpasses, im Stadtinneren, die Infrastruktur zukunftsorientiert ertüchtigen. Das ist die Voraussetzung aus unserer Sicht, damit der IV keine zusätzlichen Marktanteile gewinnt, sondern dass ein weiterentwickelter Modal-Split-Shift vom IV zum ÖPNV ermöglicht wird.

Unsere Ziele bei der zweiten Stammstrecke sind: Weniger Störfälle, mehr Berechenbarkeit für die Fahrgäste und weniger Verspätungsübertragungen bei betriebsbedingten Taktabwei-

chungen. Schon heute kann jeder S-Bahn-Nutzer in der Rushhour sehen, welche Menschen­massen ein- bzw. aussteigen. Durch diese vorerst leichten Verspätungen bauen sich Verzö­gerungen weiter auf, und es kommt zu zusätzlichen Verspätungen. Wir wollen infrastrukturell die Voraussetzungen für dichtere Takte schaffen, z. B. Richtung Geltendorf und Erding. Mit dem Konzept soll es aber auch möglich werden, wie von Herrn König angesprochen, dass hochbelastete Stationen wie der Hauptbahnhof oder der Marienplatz entlastet werden. Fahr­gastzuwächse und ein Attraktivitätsgewinn sollen erzielt werden, um den Wettbewerbsvorteil der S-Bahn gegenüber dem Autoverkehr zu erhöhen. Schließlich wollen wir auch die kürze­ren Fahrzeiten auf der Stammstrecke einhalten, denn 50 % der Fahrgäste sind in diesem Be­reich unterwegs.

Ich erinnere noch einmal daran, dass wir uns 2001 dazu entschlossen haben, diese Ände­rungen anzugehen: Wir haben gemeinsam mit der Stadt eine detailliertere Untersuchung in Auftrag gegeben, um den verkehrlichen Nutzen der 2. Stammstrecke darzustellen. Es hat sich deutlich gezeigt, dass der Vorteil der 2. Stammstrecke weit über dem des Südrings liegt. Im Vorfeld des Hearings ließen wir vor ungefähr zwei Monaten auf der Basis der bestehen­den Planung die Untersuchungen aktualisieren. Dabei wurde neben der aktuellen Planung der 2. Stammstrecke auch das Konzept der VIEREGG & RÖSSLER GmbH zugrunde gelegt.

Es ist vielleicht jetzt notwendig, einige Worte dazu zu sagen, weshalb wir auch eine Versi­on 3 für den Ostabschnitt der Stammstrecke von der DB ProjektBau GmbH haben untersu­chen lassen: Mit dem Aus für den Transrapid war eine völlig neue Situation entstanden. Der Transrapid sollte die Anbindung im Nah- und Fernverkehr zwischen dem Stadtzentrum und dem Flughafen übernehmen, deshalb brauchen wir alternative Lösungen. Wie Sie wissen, untersuchen wir das in einem umfassenden Gutachten, dessen Ergebnis im Sommer 2009 vorliegen wird. Wir wollen, dass die Planung für die 2. Stammstrecke alle Optionen offenhält, insbesondere auch, dass möglicherweise über den Ostast ein schneller Flughafen-Express fährt.

Um die beiden Planungen zu vernetzen und im Sommer eine gemeinsame Entscheidung treffen zu können, haben wir in Auftrag gegeben, dass die Situation am Ostbahnhof mit dem Ziel neu geplant wird, diesen Anknüpfungspunkt in die 2. Stammstrecke durch einen eigenen Bahnhof einzubeziehen und attraktive Umsteigemöglichkeiten und sonstige Verbindungen zu schaffen. Das hat zu einer neuen Trassenführung geführt, die Herr Scheller schon dargestellt hat. Ich will ergänzend dazu darauf aufmerksam machen: Mit diesem neuen Haltepunkt Ost­bahnhof mit Zugängen zum Orleansplatz und vom Pariser Platz würde auch der Stadtteil Haidhausen attraktive Beziehungen nicht nur zur S-Bahn, sondern auch für weitere Möglich-

keiten der U-Bahn oder zum Bahnverkehr gewinnen. Der in der Planungsversion 2 vorgese­hene Südast Giesing bleibt bei diesem Konzept nachbaubar, ist jedoch in der ersten Version noch nicht vorgesehen. Wir haben auch schon einmal die Gutachter beauftragt, aufgrund der vorläufig zur Verfügung stehenden Werte - als Voraussetzung für eine Förderung - eine Ab­schätzung hinsichtlich der Nutzen und Kosten vorzunehmen. Diese ist deutlich positiv ausge­fallen. Vergleichbares habe ich heute von den anderen Projekten noch nicht gehört!

Zurück zu den Überlegungen und Vergleichen des verkehrlichen Nutzens der unterschiedli­chen Planungen: Wir haben die aktuelle Planung der 2. Stammstrecke mit der Anbindung des Ostbahnhofs zum viergleisigen Ausbau des Südrings gemäß Vorschlag der VIEREGG & RÖSSLER GmbH betrachtet. Wir haben untersucht, dass in der S-Bahn alles bleibt wie bis­her: 10- bzw. 20-Minuten-Takt (Fall 1) und ein alternatives Betriebskonzept, das besonders viele Menschen auf die Schiene holen würde, nämlich 15- und 30-Minuten-Takt durch die Express-S-Bahn und den Außenast, welche einen schnellen Transport in die Innenstadt rea­lisieren. Es zeigt sich, dass in allen Untersuchungsversionen die 2. Stammstrecke mit Tunnel einen deutlich höheren verkehrlichen Nutzen bringen wird als der Südring. Es wird, und dar­auf kommt es später bei der Kosten-/Nutzen-Untersuchung und der Frage der Förderungsfä­higkeit an, ein erheblicher Mehrverkehr gewonnen.

Auf der 2. Stammstrecke fahren dann deutlich mehr Passagiere nach dem bundesweit ein­heitlichen Bewertungsschema als über den Südring. Wir wissen aus den Fahrgastbefragun­gen, dass in erster Linie die zentralen Punkte in der Stadt von den Besuchern und Fahrgäs­ten aus dem Umland angesteuert werden, während die südlichen Verknüpfungspunkte er­gänzend zu den ohnehin schon attraktiven U-Bahn-Anbindungen des Münchner Südens ste­hen. Wir würden danach mit dem 2. Stammstreckentunnel 38 % mehr Personenfahrten im ÖPNV gewinnen, während der Südring 15 % mehr Gewinn erbringen könnte. Wir haben das auch in die Reisezeitdifferenz umgerechnet, weil dies der entscheidende Faktor für die För­derungsfähigkeit ist. Es zeigt sich, dass der Reisezeitgewinn für die Fahrgäste der 2. Stamm­strecke fast doppelt so hoch ist wie beim Südring-Projekt, nämlich fast 11.000 Stunden täg­lich. Selbst bei Fall 1, der bestehende Takt ohne die Express-S-Bahn, hätten wir ebenfalls einen deutlichen 70 %igen Nutzen. Wir gehen davon aus, dass die Stammstrecke nach den geltenden Regularien des Bundes und des Freistaates aus den Mitteln des GVFG und den sonstigen Förderungsmitteln förderbar ist, denn wir würden einen klaren volkswirtschaftli­chen Nutzen erzielen. Zusätzlich können wir feststellen, dass gegenüber dem Südring 50 % PKW-Kilometer im Individualverkehr vermieden werden. Ergebnis: Der verkehrliche Nutzen überwiegt deutlich!

Wir haben jedoch auch das Ziel, eine Entlastung der 1. Stammstrecke zu erreichen mit höhe­rer Qualität und Betriebssicherheit durch den 2. Stammstreckentunnel. Je nach Fall und An­nahme sehen Sie im Vergleich, dass der Südast nur etwas über 45.000 Fahrgäste täglich gewinnen kann. Beim 2. Stammstreckentunnel ist die Verteilung viel deutlicher, mit einer auf­fallenden Entlastung des 1. Stammstreckentunnels und über 125.000 Fahrgästen im zweiten Tunnel. Das bedeutet, dass am Beispiel Marienplatz als zentraler Umsteigebahnhof eine deutlich stärkere Entlastung erzielt wird. Dies ist wichtig vor dem Hintergrund des künftigen Bahnhofs Marienhof, welcher im Norden von den Fahrgästen angesteuert wird. Wir wissen aus unseren Untersuchungen, dass die Züge der U 3/U 6 insbesondere in den nach Süden gerichteten Fahrzeugen überlastet sind, während die Fahrgäste im Norden nicht in diesem Maße auftreten werden. Wir werden auch eine deutliche Entlastung des Marienplatzes erzie­len.

Zur Gesamtbewertung: Wir haben detaillierte Planungen, die in einem Abschnitt fast schon planfeststellungsfertig sind. Wir erreichen eine deutliche Reduzierung der Störanfälligkeit, auch betriebsbedingt auf der Stammstrecke. Das Gleiche gilt für Betriebsqualität, Taktver­besserung und Kapazitätserhöhung. Der Südring bringt keine adäquate Entlastung der be­stehenden Stammstrecke. Der Fahrgastgewinn würde geringer ausfallen, die Alternative zum IV ist geringer, und die zentralen Aufkommenspunkte werden nicht erreicht. Bitte vergessen Sie bei Ihrer Entscheidung nicht, die 2. Stammstrecke soll optimal mit der Flughafenanbin-dung vernetzt werden. Sobald die Ergebnisse vorliegen, wird der Ministerrat in enger Abstim­mung mit der Stadt München über die besten Lösungen beschließen, und wir könnten dann unmittelbar in die Realisierung eintreten: Wir hätten ein Projekt, das bis 2017 gebaut werden könnte!

Kommt die 2. Stammstrecke nicht, und das ist meine feste Überzeugung, "gehen wir zurück auf Los, ohne die 4.000 € einzuziehen". - (Heiterkeit) - Wir werden dann eine jahrelange Dis­kussion haben und mit Sicherheit kein Projekt bis zum Jahr 2017. Das ist meine Prognose. Im Übrigen bezweifle ich nach dem bisher Gesagtem, dass die anderen Vorhaben einen po­sitiven volkswirtschaftlichen Nutzen nach den einschlägigen Regularien erzielen. Bisher wur­de nichts nachgewiesen. Es könnte sein, dass eine Förderungsfähigkeit gar nicht gegeben ist. Hinsichtlich der Kostenbelastung kann ich nur daran erinnern, die Planung der DB Pro­jektBau GmbH liegt auf Planfeststellungstiefe vor, ansonsten handelt es sich um Ideenskiz­zen oder Machbarkeitsstudien. Ich will zusätzlich noch darauf hinweisen: Die beiden Planun­gen kommen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Die Gutachtergemeinschaft sieht den Südring-Ausbau mit Kosten von 600 Millionen € vor, obwohl die beiden Gleise Südbahnhof zum Ostbahnhof verbleiben. Das Gutachten der VIEREGG & RÖSSLER GmbH summiert die

Kosten auf 400 Mio. €, obwohl in diesem Abschnitt noch zwei weitere Gleise hinzukommen sollen. Bitte fragen Sie sich:

1.            Wollen wir zügig zu einer 2. Stammstrecke kommen, um damit die Zukunftsfähigkeit
des S-Bahn-Systems in der Region München zu erreichen?

2.            Wollen wir die Diskussion neu beginnen?
Ich bin für die erste Variante! Vielen Dank! - (Beifall)

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2. S-Bahn-Stammstreckentunnel: Ein Projekt für die Region München

Herr Christian Breu (Geschäftsführer Regionaler Planungsverband München - RPA): Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren, Bürgermeister aus dem Landkreis, Frau Landrätin! Ich möchte den Blick etwas auf die Region richten, auch wenn Sie die einzelnen Haltestellen nicht mehr lesen können, weil es nicht mehr so viele sind. Die Dar­stellung zeigt jedoch, dass wir heute über das Nadelöhr im regionalen S-Bahn-Verkehr dis­kutieren: Hauptbahnhoftunnel bis Ostbahnhof, also die Stammstrecke.

Die Entscheidung muss auch regionale Aspekte mit einbeziehen, nicht nur lokale. Die S-Bahn ist das regionale Rückgrat des ÖPNV in der Region München. Sie haben auch ge­hört, dass - gerade in dieser Zeit - sehr stark mit den betrieblichen Notwendigkeiten argu­mentiert wird. Aus regionaler Perspektive ist der Zeithorizont für eine solche Infrastruktur und Investition in einem Zeitraum zwischen 50 und 100 Jahren anzusiedeln. Die ersten Überle­gungen für die S-Bahn in München sind um 1900 entstanden! 1963 fiel die Entscheidung, und nur mithilfe der Olympischen Spiele ist es gelungen, schon 1972 den Bau fertigzustellen. Solche Entscheidungen können deshalb nicht nur aus betrieblicher Perspektive getroffen werden. Es muss eine Infrastruktur geben, die viele Möglichkeiten für die Zukunft offenhält. Wir kennen jetzt noch nicht die Möglichkeiten für ein solches Bauwerk in 50 Jahren.

Ein großer Vorteil des Tunnels ist, dass ein Express-System in der Region München verwirk­licht werden könnte. Express-S-Bahn-System heißt nicht ausschließlich Anbindung des Flug­hafens, sondern bei einer Fahrt von Geltendorf nach München hält die S-Bahn zwischen Geltendorf und Fürstenfeldbruck zwar an jeder Haltestelle, dann fährt der Zug aber bis nach München-Pasing zur Stammstrecke durch, um das Fahrtziel, das Zentrum, zu erreichen. Das

gilt auch für die umgekehrte Richtung. Eine Verdoppelung der Kapazität ist aus regionaler Sicht erforderlich. Strukturell ist der Bedarf nach weiterer Kapazität auf der Stammstrecke deshalb so hoch, weil - wie schon gesagt - die Bevölkerung zunehmen wird: München um 100.000 und das Umland um weitere 100.000 Personen bis 2026.

Betrachten Sie die Entwicklung München-Laim-Pasing, den Ausbau in Freiham usw., dort gibt es eine ganze Reihe von zusätzlichen Personen, die sich innerstädtisch und auf der Ost­West-Achse bewegen, nicht nur regional. Die Mobilitätsbedürfnisse steigen unabhängig von der Zunahme der Einwohner. 1972 hatte die Stadt München 1,3 Millionen Einwohner, En­de 2007 waren es etwa 16.000 mehr. Der Verkehr auf der S-Bahn hat sich mehr als verdrei­facht. Vielleicht ist es Ihnen nicht so bekannt, aber es geht nicht nur darum, in die Stadt hin­einzufahren, sondern auch in die umgekehrte Richtung. Das betrifft nicht nur die Naherho­lung, sondern auch die Wirtschaftspendler aus München haben einen ebenso hohen Anteil an Fahrten in den Landkreis hinein. Die Pendelbeziehungen der arbeitenden Bevölkerung sind nahezu ausgeglichen.

Jetzt könnte man davon ausgehen, diese Vorteile erfüllt auch der Südring in beispielhafter Weise. Alle Bedarfe und Bedürfnisse könnte man auch mit dem Südring lösen. Es gibt je­doch Pro- und Kontra-Argumente für den zweiten Tunnel:

1.      Wir haben es hier mit einer weit fortgeschrittenen Planung beim Tunnel zu tun. Wir ha­ben beim Südring keine belastbare oder überprüfbare Planung. Die Kosten sind nicht vergleichbar. Aufgrund der unterschiedlichen Planungsstände vergliche man Äpfel mit Birnen: Sie können keine qualifizierte und tiefe Untersuchung vergleichen mit einer Vor­stellung, die noch nicht detailliert ist. Wir stehen beim zweiten Tunnel kurz vor dem Plan­feststellungsverfahren.

2.      Der Tunnel ist im Vergleich zum Südring umweltfreundlich. Es ist schon deshalb die um­weltfreundlichere Maßnahme, weil Lärm nicht in dem Maß hervorgerufen wird wie durch den oberirdischen Südring. Im Übrigen wird München nicht mit noch mehr Lärmschutz­wänden verbaut.

3.      Der Tunnel ist durch den Fortschritt der Planung eine umweltfreundliche und wirtschaftli­che Lösung. Man darf keine Milchmädchenrechnungen aufstellen. Bei der Wirtschaftlich­keit kommt es nicht auf die absolute Summe der Ausgaben an, es kommt auch nicht dar­auf an, ob etwas teuer oder billig ist, sondern ob der volkswirtschaftliche Nutzen die Kos­ten übersteigt. Ist das der Fall, ist auch ein Projekt mit hohen Kosten wirtschaftlich.

Ich bin der Meinung, dass dies zu beachten ist, man kann nicht auf der „Billigheimer Schie-ne“ fahren. - (OBM Ude: Ja!) - Darüber hinaus muss man auch bedenken, der Vorhabensträ­ger ist der Freistaat, nicht die Stadt München. Die Mittel werden vom Freistaat und vom Bund aufgebracht. Jetzt können Sie einwenden, es geht um die Diskussion „linke Tasche, rechte Tasche“. Tatsächlich engagieren sich der Bund und der Freistaat für dieses Projekt, und es ist nicht klar, ob man sich in dieser Weise auch für den Südring engagieren würde.

Zusammenfassend: Die 2. S-Bahn-Röhre ist die "Mutter aller Express-S-Bahnen", ein Sys­tem, das wir in der Region und in der Stadt München dringend brauchen. Es wäre in dem Realisierungszeitraum bis 2017 erforderlich, alle Kraft für den Tunnel nach dem Motto: Jetzt oder nie! aufzuwenden. Ich befürchte, ebenso wie Herr Göttler, wenn wir es jetzt nicht ange­hen, wird die Alternative nie kommen. Es gibt auch in der Region München verschiedene Beispiele für ein solches Fiasko.

Der Tunnel erhält in der Region München eine große Zustimmung, es besteht ein breiter Konsens. Die Vollversammlung des RPV, dazu gehören die Landeshauptstadt München, acht Landkreise und 185 Gemeinden, haben sich einstimmig für die Realisierung eines Tun­nels ausgesprochen. Ich möchte nicht nur bei der Region bleiben: Natürlich profitiert die Stadt München auch erheblich von der Tunnelrealisierung. Wenn es überhaupt möglich ist, den Individualverkehr schnell auf die Schiene zu bekommen, muss das S-Bahn-System nicht nur leistungsstärker, sondern auch komfortabler werden. Dann profitiert die Stadt München durch weniger Verkehre im engeren Stadtumlandbereich.

Ich appelliere an Sie: Nehmen Sie lieber die Taube in der Hand, und schielen Sie nicht zu dem auf dem Dach sitzenden Spatz! Danke! - (Heiterkeit)

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Die 2. S-Bahn-Stammstrecke aus Sicht des MVV

Herr Alexander Freitag (Geschäftsführer Münchner Verkehrs- und Tarifverbund GmbH): Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren! Wenn man als letzter Referent auftritt, gilt: Das Meiste ist schon gesagt, jedoch noch nicht von jedem. Deshalb fokussiere ich auf zwei Basisargumente für den 2. Tunnel: Das verkehrliche und das betriebliche Argument.

Das verkehrliche Argument will ich noch einmal herausarbeiten, denn es geht um den Bür­gerwillen. Was will der Fahrgast, der Kunde? Wir haben drei Stationen, Hauptbahnhof, Mari-

enplatz und Ostbahnhof, zu denen auch der 2. Tunnel geführt werden soll. Diese drei Statio­nen decken 68 bis 70 % aller Reisewünsche bei den Umsteigebeziehungen ab. D. h. die Bürger wollen in die Innenstadt und nicht zu den Haltestellen Poccistraße, Kolumbus- oder Mangfallplatz. Man kann es auch noch deutlicher sagen: Innerhalb der Stationen Hauptbahn­hof, Marienplatz und Ostbahnhof haben wir zwei Drittel der Fahrgäste, die dort am Beginn oder Endpunkt ihrer Fahrt sind. Das letzte Drittel sind die sog. Übersteiger, die umsteigen in das Verbundsystem, in der Regel die U-Bahn. Sie haben auch am Hauptbahnhof, Marien­platz und Ostbahnhof bessere Verbindungen in die Schnellbahnnetze und die U-Bahn mit getrennten Bahnsteigen und kurzen Wegen. Zum Südring wollen deutlich weniger Fahrgäs­te, außerdem müssen sie vom Oberlager auf Seiten- und Tieflager umsteigen. Fazit: Würden wir den Südring planen, an den Zahlen wird es plakativ, handelten wir gegen den Bürgerwil­len und planten gegen die Masse der Fahrgäste.

Das MVV-System ist so gedacht, dass wir das Umland mit der Kernstadt verbinden. Die Um­landgemeinden und Landkreise schaffen dafür 24 Mio. Buskilometer, womit zum Großteil die Zubringerfunktion erfüllt wird. Zusätzlich halten die Gemeinden P+R-Parkplätze vor. Viele Fahrgäste des MVV müssen an den Umsteigepunkten und Einsteigeorten abgeholt und zu ihren Zielorten transportiert werden.

Ein Argument wurde noch nicht ausgearbeitet: Aus der Innenstadt haben wir 270.000 bis 300.000 Menschen, die mittels der S-Bahn die Stadtgrenze überschreiten, und wir haben über 300.000 Münchnerinnen und Münchner, die das S-Bahnsystem in die Ost-West-Rich­tung nutzen mit Umsteigemöglichkeiten zur U-Bahn. Für den Münchner Bürger hat das Sys­tem mit dem 2. Tunnel eine immense Bedeutung, eine wesentlich stärkere als die Südring­Variante, und zwar seit 2001. Damals haben wir uns entschieden, die Planung des 2. Tun­nels zu verfolgen, ebenso wie heute mit der etwas ausführlicheren Planung des Südrings als damals.

Der betriebliche Störfall: Ich habe die Vorträge so verstanden, dass beim Südring die jetzige Stammstrecke mit 30 Fahrten pro Stunde und Richtung auf 32 Fahrten "aufgemörtelt" wer­den. D. h., träte dort ein Störung auf, würde das System noch anfälliger. Wir haben jetzt die Situation, dass wir von 24 auf 30 Fahrten aufgestockt haben. Der Fluch der guten Tat ist: Bei einem Notarzt- oder Störfalleinsatz steht im Extremfall das gesamte System. Würden wir das noch verstärken, wäre im Störfall der Südring die Ableitung. Beim Südring wurden uns die 10-Minuten-Abstände erläutert. D. h. die Fahrgastmassen kämen nicht mehr zu ihrem Fahrt­ziel, sondern müssten über die Station Südring fahren, um in die Innenstadt zurückzukom-

men. Dass dies nicht funktionieren wird, ist klar. Aus diesem Grund wäre aus betrieblicher Sicht der 2. Tunnel besser.

Die Betriebskonzepte wurden angesprochen: Die Menschen wollen schnell fahren. Der 2. Tunnel bietet diese Schnelligkeit mit dem 15er-Takt, d. h. jede Viertelstunde ein Zug und alle 30 Minuten überlagert durch den Express. Damit könnten wir zusätzliche Fahrgastpoten­tiale gewinnen. Steigt heute jemand in die S-Bahn, steht fest, er landet in der Innenstadt. Führen wir etliche Bahnen über den Südring, haben wir ein Kommunikationsproblem: Wie sage ich das dem Kunden? Einmal steigt er ein und landet in der Innenstadt, ein anderes Mal landet er am Südring. D. h., er muss sich vorweg erkundigen, ggf. umsteigen usw.

Ergänzend zur Fristigkeit und Planungstiefe habe ich versucht, Ihnen die Planungsschritte für Infrastruktur und Fahrpläne von den Grundlagen her aufzuzeigen; Vorplanung und Ge­nehmigungsverfahren habe ich aufgerollt. Die 2. S-Bahn-Strecke steht kurz vor der Geneh­migung, vor der Bautiefe, jedoch mit unterschiedlicher Abstufung der drei Teilplanungen. Bei der heute vorgestellten Planung kann man unterschiedlicher Meinung sein, ob es sich um Grundkonzepte oder Angebotsplanungen handelt. Auf jeden Fall können wir beim 2. Tunnel zeitnah starten, nämlich in wenigen Monaten. Nach meiner Einschätzung muss man beim Südring mit mehreren Jahren rechnen. Nehmen Sie den Nordtunnel, schlagen Sie alles Vor­handene auseinander und planen möglicherweise bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. Wie Herr König mitteilte, kennen wir die Netzwirkung auf andere Schnellbahnen nicht, abgesehen von der verkehrlichen Wirkung oder der Kosten-/Nutzenuntersuchung.

Zur Gretchenfrage jeglicher Investition, der Finanzierung: Wir stehen endlich davor, dass der Vorhabensträger, die Deutsche Bahn, zu dem Projekt 2. Tunnel und vor dem Abschluss der Finanzierungsvereinbarungen steht. Besteller ist im Gegensatz dazu der Freistaat Bayern. Die Finanzierungsbedarfe der VIEREGG & RÖSSLER GmbH will ich nicht bewerten, weil ich den Hintergrund und die Planungstiefe nicht genau genug einschätzen kann. Der Finanzbe­darf für den 2. Tunnel steht fest, ebenso wie die Bereitschaft, ihn zu finanzieren. In Zeiten knapper Kassen ist das ein erstaunliches Ergebnis. Ich mache noch einmal darauf aufmerk­sam: Nach vielen Jahren schwieriger Planungen stehen wir kurz vor dem Ziel! Das Grundfi­nanzierungsinstrument, das GVFG, steht inzwischen auf wackligen Füßen. Es wurde unter­teilt in ein Länder- und ein Bundesprogramm. Das Länderprogramm läuft bis zum Jahr 2013. Dann erfolgt eine Revision, und wir wissen nicht, was danach passieren wird - insbesondere vor dem Hintergrund der Finanzkrise. Dann werden die jetzt gebundenen Mittel für Investiti­onsmaßnahmen im öffentlichen Verkehr freigegeben. Sie stehen dann auch bereit für Schu­len, Ausbildungsstätten und Kindergärten usw. Ab 2019 laufen alle Programme aus, wir wis-

sen nicht, ob oder was nachkommt. D. h., wenn wir etwas erreichen wollen, müssen wir jetzt zeitgerecht handeln und so schnell wie möglich zur Tat schreiten. Durch weitere Planungen verschieben wir alles bis auf den Sankt-Nimmerleins-Tag. Mit diesem Appell bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit. - (Beifall) -
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Diskussion und Aussprache

OBM Ude: Damit haben wir alle Statements präzise und im Zeitplan gehört. Ich eröffne jetzt die Aussprache, wobei wir eine Verfahrensweise regeln sollten. Dieses Hearing ist nicht die Stunde der neuen Referate von Stadtratsdebatten oder der Verkündung eigener Ansichten. Andererseits wird nicht jede Frage in einen einzigen Satz gekleidet werden können. Ich schlage deshalb eine Redezeitbeschränkung von drei Minuten für die Fragesteller vor. Nur dann haben wir die Chance, dass noch viele Aspekte ausgeleuchtet werden können. Zusätz­liche Referate sollten uns heute bei diesem Anlass erspart bleiben. Unterboten werden darf die Zeitbeschränkung selbstverständlich! Besteht damit Einverständnis? Es spricht niemand dagegen. Ich bitte jedoch um Nachsicht, dass ich auf die Einhaltung bestehen muss.

StR Dr. Kronawitter: Sehr verehrte Frau Landrätin Rumschöttl! Sehr geehrter Herr Oberbür­germeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich stelle vorab fest, dass ich nicht für die Frak­tion, sondern nur als Stadtrat spreche. Wir haben bisher ein super Hearing erlebt. Trotzdem bitte ich darum, dass man vielleicht manche Legendenbildungen durch Frageform noch et­was aufklären kann.

Herr Josel! Bei der ersten Legende komme ich zu Ihnen: Sie behaupten - und manche Ihrer offiziellen Unterstützer behaupten das nach wie vor -, dass die Münchner S-Bahn von unse­ren Vorvätern für gerade 250.000 Fahrgäste am Tag konzipiert ist. Sie sind doch seit Jahr­zehnten DB-Mann. Sie müssten doch z. B. von Ihrem Vorgänger Ludwig Wellner den Artikel: „Signalsystem der S-Bahn“ von 1970 kennen, in dem damals schon zu lesen war, dass das Signalsystem der Stammstrecke auf 90 Sekunden ausgelegt wurde, was heißt, 40 Züge pro Stunde und Richtung, und dass es sogar noch Reserven bis 72 Sekunden gibt. Herr Josel! Kennen Sie das? Warum behaupten Sie immer noch, dass unsere Vorväter eine zweispurige Strecke im Münchner Untergrund gebaut haben, die nicht das hergibt, was sie heute hergibt?

Damit bin ich bei der nächsten Frage, sie geht an Frau Prof. Dr. (I) Merk und die Vertreter der Stadtverwaltung. Was für ein Interesse soll die Stadt München haben, dass durch einen 2. Tunnel - wie in einem anderen Artikel u. a. von Herrn Kutzner in der Eisenbahntechni­schen Rundschau beschrieben - die vorhandene Stammstrecke nach Inbetriebnahme der 2. Stammstrecke von heute 30 Zügen und einem Zwei-Minuten-Takt, der durchaus metropol­würdig ist, auf dann gerade einmal 21 Züge herabgewürdigt wird? Welches Interesse sollen wir als Münchner Stadträte und als Münchner Fahrgäste haben, dieses Downgrading dieses vorhandenen Stammstreckentunnels zu haben. 21 Züge! Ich weiß nicht, wo der große Vorteil ist.

Man sollte nachfragen, ob die Zahlen von 2001 stimmen, dass gerade einmal 25.000 Mehr­fahrten für den 2. Tunnel in der Machbarkeitsstudie gegenüber 22.000 Mehrfahrten pro Tag für den Südring ausgewiesen wurden. Ich frage mich angesichts der Fahrten, die wir heute haben, warum dieses Thema überhaupt noch auf der Tagesordnung steht, wenn es gerade einmal um 25.000 Fahrten geht.

Der nächste Punkt betrifft die Frage der Express-Bahnen. Wir haben einen Konsens im MVV gehabt, dass es einen Takt 10 gibt. Herr Freitag! Wir hätten einen Takt 10 bereits auf vielen Linien haben sollen. Ich frage die Vertreter des Freistaates Bayerns, warum wir keinen Takt 10 nach Markt Schwaben haben, der bereits für das Jahr 2000 versprochen worden ist? Wo sind die anderen Takt 10-Linien? Warum kommen wir jetzt plötzlich zu einem Takt 15, den niemand will? Es gibt Fahrgastuntersuchungen, Herr Freitag, und das sollten Sie viel­leicht einmal darstellen, dass der Takt 10 von den Fahrgästen gewünscht wird. Wir hören im­mer, wohin die Fahrgäste wollen. Dann sagen Sie doch bitte auch, dass die Fahrgäste im Großraum München - das sind immerhin 500.000 von 800.000 - den Takt 10 wollen.

Eine Frage habe ich an Herrn Breu: Wenn 300.000 Fahrgäste täglich nur in der Region die S-Bahn benutzen, was versprechen Sie sich davon, dort den 10-Minuten-Takt zugunsten ei­nes 15-Minuten-Taktes aufzugeben? Danke für die Aufmerksamkeit.

OBM Ude: Ich bitte um Beantwortung der Fragen. Die erste Frage war, dass die Entlastung der Stammstrecke eine Herabwürdigung sei. Das war wohl eine Frage an den MVV oder an den S-Bahn-Betrieb.

Herr Klaus-Dieter Josel: Zum Thema Downsizing: Herr Göttler hat eindeutig aufgezeigt, dass die gesamte Wirkung aus der 1. und 2. Stammstrecke sehr positiv ist. Wir erreichen eine bessere Verteilung, was der Betriebsstabilität und der Aktivität des Systems dient. Ich habe

eingangs schon gesagt, wir müssen die 1. Stammstrecke eigentlich viergleisig ausbauen. Durch die Parallelität der 2. Stammstrecke zur 1. Stammstrecke tun wir das quasi. Die Er­reichbarkeit der Innenstadt wird durch mehr Züge gesteigert, weshalb der Begriff Downsizing hier nicht angebracht ist.

OBM Ude: Dann zur Frage des Taktes 10 nach Markt Schwaben, Herr Freitag!

Herr Alexander Freitag: Herr Dr. Kronawitter! Das Betriebskonzept zum 2. Tunnel lässt so­wohl eine Ausweitung auf Takt 10 als auch ein totales Umswitchen auf Takt 15 mit Express zu. Takt 10 ist in der Tat in dem Buch von Dr. Rudolf Pospischil beschrieben, was die Grund­lage in den vergangenen Jahren gewesen ist. Jetzt hat man festgestellt, dass, wenn man an Alternativen in Betriebsprogrammen denkt, zusätzliche Fahrgäste gewinnt, die von den Au­ßenästen schnell in die Innenstadt wollen. Was für den Flughafen gilt, gilt auch für den ande­ren S-Bahn-Nutzer: Wenn er von außen schnell in die Innenstadt kommt, lässt er das Auto stehen. Wir sehen das im Praxistest an den Regionalzügen. Z. B. steigen in Geltendorf we­nig in die S-Bahn ein, weil sie die Möglichkeit des Regionalzuges nutzen, der bis Pasing und Hauptbahnhof durchfährt. Das ist also auch eine kundenorientierte Überlegung. Aber ich be­tone noch einmal, was ich als MVV-Geschäftsführer weiß, ist vom Freistaat, von der BEG und von den Spezialisten noch keine endgültige Entscheidung getroffen worden.

Ich bin persönlich ein Anhänger des Takt 15. Der Takt 10 wäre in den Hauptverkehrszeiten auf bestimmten Ästen vorgesehen. Takt 15 wäre mit Express ganztägig in einem erweiterten Programm zu sehen. Es gibt beim Umswitchen auf Takt 15 zu den heutigen Takt 10-Ästen den ein oder anderen Halt, der dann nicht mehr sechs Fahrten in der Hauptverkehrszeit pro Stunde, sondern entsprechend weniger hat. Das muss man austarieren, weil es kein System gibt, in dem es nur Gewinner gibt. Aber im Prinzip ist Takt 15 äußerst interessant, und das wäre mit der Südring-Konzeption nicht zu realisieren. Wenn man zusätzliche Fahrgäste ge­winnen kann: Warum sollte man in diese Überlegungen nicht einsteigen?

Ich habe Ihnen noch eine Broschüre verteilen lassen, in der die Argumente plakativ zusam-mengefasst worden sind.

StR Gradl: Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte an dieser Stelle kein Statement abgeben, sondern lediglich eine Frage an Sie, Herr Scheller, zu der von Ihnen als Haidhausen 3 bezeichneten Planung stellen: Sie haben heute erstmals Teile der Pläne vorgestellt. Der wesentliche Vorteil für Haidhausen ist, dass eine Express-S-Bahn am Ostbahnhof halten kann und damit ein Umsteigen in die U 5 und auch in

die Regional- und Fernzüge am Ostbahnhof möglich ist. Drei der S-Bahnlinien können am Ostbahnhof und am Leuchtenbergring halten. Ich frage mich allerdings, was mit den beiden S-Bahnlinien 5 und 6 ist, die Richtung Süden fahren und bisher „kopfen“, d. h. am Ostbahn­hof stehen bleiben und wieder Richtung Süden den Ostbahnhof verlassen. Gibt es schon ein Betriebskonzept, in dem das „Kopfen“ auch am Leuchtenbergring möglich ist? Damit könnten für den Fall, dass die jetzige Stammstrecke eine Störung hätte, alle S-Bahnlinien auch über den Leuchtenbergring - auch diejenigen, die Richtung Süden über Giesing fahren - „kopfen“.

Herr Albert Scheller: Die derzeitige Konzeption mit der Anbindung an den Flughafen sieht tatsächlich vor, dass die Baustufe 2, also die Südanbindung, bautechnisch möglich ist, sie aber im Moment zur Realisierung nicht vorgesehen ist. Bei den Betriebskonzepten machen die S-Bahnen aus dem Süden kommend - aus Holzkirchen, Höhenkirchen oder Aying - wei­terhin „Kopf“. Ein mögliches „Kopfen“ am Leuchtenbergring ist bis dato noch nicht weiter un­tersucht. Wir haben gehört, dass Betriebskonzepte nicht einer starren Systematik unterlie­gen, sondern wandlungs- und ausbaufähig sein müssen. Nachdem die technische Machbar­keit und die planerische Lösung auf dem Tisch liegen, werden als Nächstes die Betriebskon­zepte dahingehend angepasst und vertieft.

StR Bickelbacher: Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich möchte feststellen, dass wir dieses Betriebskonzept - es liegt ein sehr detailliertes Konzept von Baumgartner, Kantke und Schwarz vor - nicht in der gleichen Detailschärfe hier erfahren konnten und uns das Wirtschaftsministerium dies nach wie vor schuldig geblieben ist. Ich denke, das wäre schon einmal interessant, um die Qualität zu be­urteilen. Wir sind sehr froh, dass es einen Vergleich gibt - das war eine Forderung dieses Hearings -, dass man diese etwas veraltete Studie von 2001 aktualisiert. Ich habe dazu eini­ge Nachfragen, denn dass diese Stationen in 42 m Tiefe liegen und man lange Umsteigebe­ziehungen in Kauf nehmen muss - in etwa vier Minuten -, um vom Tunnel an die Oberfläche zu kommen, ist schon ein wesentlicher Nachteil.

Eine Nachfrage zur Nutzen-Kosten-Analyse: Ich sehe, dass wir hier vielleicht einen doppel­ten Nutzen haben, dafür aber vierfache Kosten. So dürfte eine Nutzen-Kosten-Analyse für den Südring auch positiv ausfallen. Ist das so? Wie wird sie vorgenommen? Eine Frage an die Staatsregierung: Trifft es zu, dass erst dann im Westen zu bauen begonnen werden kann, wenn im Osten die Planung fertig ist?

An die VIEREGG & RÖSSLER GmbH, Baumgartner, Kantke und Schwarz hätte ich die Fra­ge, welche Zuwächse die Konzepte, die dort vorgesehen sind, verkraften. Wir wollen natür-

lich mehr öffentlichen Verkehr, wir wollen mehr Verkehr auf die S-Bahn bringen. Des Weite­ren hätte ich gerne eine Stellungnahme der Teams, die den Südring geplant haben, was sie vom Express-Konzept halten. Im Regionalplan ist ein 10-Minuten-Takt enthalten, warum ist es jetzt ein 15-Minuten-Takt, und wie ist es zu sehen, dass an den Bereichen vielleicht auch vorbeigefahren wird? Der Südring schafft Möglichkeiten für zusätzliche Maßnahmen, weil er weniger kostet. Welche zusätzlichen Maßnahmen zum Südring sehen die jeweiligen Teams als nötig oder möglich an, die man zusätzlich zum Südring vornehmen kann, weil man sozu­sagen nicht alles ausgegeben hat?

Herr Ministerialdirigent Hans Peter Göttler: Es gibt zwei Betriebskonzepte, die der Nutzen-Kosten-Untersuchung zugrunde liegen. Es gibt das Konzept mit den 15 bzw. 30 Minuten. Es ist das Ergebnis einer Überlegung, wie man am meisten Leute auf den S-Bahn-Verkehr ho­len kann. Es zeigt sich, dass mit einem durchgehenden 15-Minuten-Takt sowie einen 30-Mi-nuten-Takt für die Express-S-Bahn auf den Außenästen, die nach den Aufkommensschwer­punkten unmittelbar ins Zentrum durchfahren, die höchste Zahl an zusätzlichen Nutzern ge­wonnen werden kann. Aus diesem Ergebnis heraus ist der Mitfall 6 entstanden. Es wäre auch der Mitfall 1 denkbar, d. h., eine Weiterentwicklung des bestehenden 10- und 20-Minu-ten-Taktes zu fahren. Wir sind jetzt in einer Phase, in der die technischen Planungen abzu­schließen sind und in der wir hoffen, möglichst rasch in die Verwirklichungsphase zu kom­men. Selbstverständlich werden wir den Zeitraum von sechs Jahren, den die Verwirklichung dauert, dazu nutzen, die Betriebskonzepte weiter zu optimieren. Aber es gibt selbstverständ­lich vollständig ausgearbeitete hinterlegte Konzepte.

Zum Thema „Station 42 m tief“: Wir meinen schon, dass das eine attraktive Umsteigebezie­hung am Ostbahnhof bleibt. Es lässt sich aufgrund der vorhandenen Bodennutzung durch andere, z. B. U-Bahnen, nicht anders handhaben, als dass man in diese Tieflage geht. Das ist im europäischen Vergleich nicht ungewöhnlich. Herr Scheller hat eine Folie aufgelegt ge­habt, in der zum Ausdruck gekommen ist, dass die Umsteigestation der Bahn am Ostbahn­hof sehr attraktiv zu den U-Bahnen und zum bestehenden Gleis liegen würde.

Hinsichtlich der Frage, wann man im Westen beginnen kann, ist zu sagen, dass es sich da­bei um ein Ergebnis der Planfeststellung handelt. Wir gehen sicher davon aus, und wir set­zen uns auch dafür ein, und hoffen, dass man mit den Maßnahmen deutlich vorher beginnen kann, bevor die letzte Planfeststellung zu Ende ist. Wir sind aber nicht Herr des Verfahrens, Herr des Verfahrens ist das Eisenbahnbundesamt.

Beitrag von Expertenseite: Zur Frage nach dem Express-S-Bahn-System sind wir der Mei­nung, dass das Express-S-Bahn-System am Bedarf vorbeigeplant ist. Wenn man sich die Siedlungsentwicklung ansieht, so gibt es die meisten Zuwächse im MVV-Tarifring 5, 6 und 7; in Poing, Feldkirchen, Unterschleißheim würde die Express-S-Bahn durchfahren. Davon hal­ten wir nichts.

Es ist wichtig, dass ein einheitliches Taktsystem zwischen S-Bahn und U-Bahn von 10 Minu­ten erreicht wird. Der Fahrgast möchte im stadtnahen Bereich dasselbe Angebot haben wie bei der U-Bahn, einen vollständigen städtischen Standard im 10-Minuten-Takt. Hinzu kommt, dass die meisten Regionalbusse im 20-Minuten-Takt fahren. Sehr viele Gemeinden im Um­land sind finanziell an der Grenze. Sie können einen 15-Minuten-Takt bei den Bussen nicht mehr bezahlen. Ein 15-Minuten-Takt würde bedeuten, dass die Busse im Umland dann nur noch alle 30 Minuten fahren würden. Man darf hier die Finanzen nicht überfordern.

Zur Tiefenlage des Tunnels von 42 m: Wenn Sie am Hauptbahnhof Nord stehen, sehen Sie das Gebäude Deutscher Kaiser. Es ist 40 m hoch. Das klappen Sie nach unten. Es ent­spricht 13 Stockwerken. Wir haben es nachgerechnet: Man muss fünfmal umsteigen im Nu-kleus und hat eine Zugangszeit von vier Minuten. D. h., vier Haltestellen der Express-S-Bahn - man rechnet eine Minute pro Station -... wie gewonnen, so zerronnen.

Die Zuwächse beim Südring wären 22.000 Fahrgäste, beim S-Bahn-Tunnel 25.000 Fahrgäs­te. Das können Sie den Unterlagen entnehmen. Wegen 3.000 Fahrgästen täglich einen Un­terschied in der Investitionssumme von mehr als 1 Mrd. € zu haben, obwohl an allen Ecken und Enden das Geld fehlt, um den Betrieb im Außenbereich auszubauen, ist aus unserer Sicht eine extrem suboptimale Lösung.

Herr Dr. Martin Vieregg: Das Thema Nutzen-Kosten ist mein Spezialgebiet. Beim Thema S-Bahn-Tunnel habe ich den Eindruck - Genaues weiß ich leider nicht -, dass die gesamte Nutzen-Kosten-Berechnung immer auf der Annahme basiert, wenn wir Haltestellen weglas­sen, die S-Bahn schneller fährt und die Leute schneller in die Stadt kommen. Dass aber der Fahrzeitgewinn von drei Minuten, um den es innerhalb der Stadt bei dem Projekt geht, auf den Rolltreppen wieder verloren geht, geht, glaube ich, in dieses Modell nicht ein. Sonst kann ich mir die positive Nutzen- Kosten-Berechnung beim Tunnel, ehrlich gesagt, nicht er­klären.

Beim Südring haben wir - im Unterschied zum 2. Tunnel in der Stadt München - massive Fahrzeitverkürzungen von bis zu 17 Minuten. Alle Fahrgäste, die in den Münchner Süden

wollen, haben mindestens 15 Minuten Fahrzeitgewinn, indem sie nicht mehr über den Mari­enplatz oder den Hauptbahnhof fahren müssen. Daraus errechnen wir auch erheblich positi­ve Wirkungen auf eine Nutzen-Kosten-Untersuchung. Da der Wert der Nutzen-Kosten-Unter­suchung entsprechend hinaufgeht, wenn die Kosten hinuntergehen - so dass wir auf jeden Fall einen Faktor 4 beim Kostenunterschied haben -, muss der Nutzen-Kosten-Wert beim Südring jenseits des Faktor 4 liegen, sonst fände ich das nicht plausibel.

Die Zuwächse sind bei einem Vollausbau des Eisenbahnsüdrings genauso möglich wie bei einem Teilausbau. Man hat zwei Stammstrecken, auf denen man jeweils im Zwei-Minuten­Takt fahren kann. Beim Teilausbau hätte man erst einmal nur diesen 10-Minuten-Takt.

Zum Express-Konzept: Ich bin kein besonderer Fan des Express-Konzeptes. Man muss me­thodisch klarstellen, was westlich von Laim und östlich des Ostbahnhofes passiert - ob Express-Züge fahren oder nicht -, ist unabhängig von der Trassenfrage zwischen Laim und Ostbahnhof, d. h., ob man über den Südring oder über die Innenstadt fährt.

Was zusätzliche Maßnahmen angeht: Sie wissen, dass es eine lange Wunschliste von S-Bahn-Ausbaumaßnahmen, z. B. nach Fürstenfeldbruck, nach Markt Schwaben, gibt. Ich möchte das nicht im Einzelnen erörtern. Aber wir sehen schon einen Zusammenhang: Wenn man nicht das gesamte Geld in den 2. S-Bahn-Tunnel steckt, bleibt natürlich eher noch Geld für Maßnahmen zur Ertüchtigung der Außenstrecken frei. Danke.

Herr Albert Scheller: Ich möchte zum Thema Tiefe der Stationen etwas sagen, das meines Erachtens falsch und viel zu kontrovers diskutiert wird. Es wird immer von der Tiefe von 42 m gesprochen. Ich möchte das einmal relativieren. Die 42 m beziehen sich auf die Strecke von der Geländeoberkante bis zur Unterkante Bauwerk. Die Bahnsteighöhe beträgt 2 m, also sind wir bei 40 m.

Der nächste Punkt ist, dass nicht jeder Fahrgast, der das Verkehrsmittel wechselt, erst an die Oberfläche fahren wird, sondern er wird zum nächsten Verkehrsmittel hinunterfahren. Ich möchte beispielhaft den Marienhof erwähnen, an dem es besonders deutlich wird: Ob es jetzt 42 m oder 40 m sind, ist für mich völlig sekundär. Sie wissen, dass die U-Bahn ungefähr in 18 m Tiefe liegt, d. h., wenn der Fahrgast von der 2. Stammstrecke aus 40 m Tiefe zur U-Bahn wechselt, er lediglich den Höhenunterschied zwischen 2. Stammstrecke und U-Bahn zu überwinden hat. Dann sprechen wir nicht von vier Minuten, sondern von einer wesentlich kürzeren Zeit.

Genau das wiederholt sich am Hauptbahnhof. Sicherlich ist die Umsteigebeziehung zwi­schen der U 1 und der U 2 etwas ungünstig, aber diese ist auch den Aufwendungen der Komplexität der Bautechnik geschuldet. Von vier Minuten kann ohnehin keine Rede sein, da speziell am Hauptbahnhof jeder Fahrgast der 2. Stammstrecke die Möglichkeit hat, mit ei­nem sog. Express-Aufzug an die Oberfläche zu kommen. Er wird bei Weitem nicht vier Minu­ten, inklusive der Wartezeit auf die U-Bahn, brauchen.

Die Tiefe von 42 m, die ich durch die 2 m bis zur Oberkante der Bahnsteigfläche gerade rich­tiggestellt habe, können wir noch einmal ein bisschen „gerade stellen“, was beim Hauptbahn­hof besonders deutlich wird: Die Hauptverkehrsebene ist das sog. Sperrengeschoss oder die sonstige Verbindungsfläche. D. h., das Sperrengeschoss liegt in der Regel bei 7 m Tiefe. Wenn wir von den 40 m diese 7 m abziehen, dann sind wir bei 33 m. Es gibt U-Bahnen in München - ich erinnere an das Lehel und an den Lenbachplatz - die in knapp 30 m Tiefe lie­gen. Diese 5 m mehr sind nun nicht unbedingt eine Revolution. Es ist hier auch gesagt und bestätigt worden, dass mit der Anordnung der Stationen unterirdisch kein neues Terrain be­treten wird, sondern das ist mittlerweile europaweit auch schon Standard.

StRin Dietrich: Herr Oberbürgermeister! Meine Damen und Herren! Ich habe drei Fragen an Herrn Scheller:

Es wurde die Problematik des „Kopfens“ am Ostbahnhof angesprochen. Sie haben gesagt, dass der sog. Giesinger Ast nachträglich gebaut werden könnte. Ich würde gerne wissen: Ist der Giesinger Ast in die Kostenberechnung miteinbezogen? Wenn ja, wie? Wie wollen Sie diesen Zeitverlust, den Sie durch das „Kopfen“ haben werden, kompensieren? Gibt es dazu Überlegungen? Wo wollen Sie den Giesinger Ast, wenn er gebaut werden sollte, am Ost­bahnhof unterbringen?

Die zweite Frage betrifft die Auswirkungen in Haidhausen. Ich würde gerne konkret wissen, wo die Baustelleneinrichtungen und die Notausstiege platziert werden sollen.

Eine dritte Frage betrifft die momentan geplante Trasse. Wenn man sich die Planungen an­sieht, läge es durchaus nahe, die Trasse weiter westlich nach Süden zu ziehen. Die Frage wäre aber, damit man nicht die große Schleife durch Haidhausen ziehen muss: Gibt es Über­legungen zu Haidhausen 4? Denn Sie haben schon einmal gesagt, dass Haidhausen 2 die definitiv letzte Sachstandplanung ist. Jetzt sind wir bei Haidhausen 3. Das zu wissen, wäre für uns sehr wichtig.

Herr Albert Scheller: Ich werde versuchen, alle Fragen zu beantworten. Die letzte Frage, ob es irgendwann ein Haidhausen 4 gibt, finde ich etwas provokativ, aber ich habe kein Problem damit. Ich denke, ich habe in meinen Ausführungen klar dargestellt, warum es zu weiteren Planungen gekommen ist. Wenn das Thema Transrapid nicht negativ ausgegangen wäre, würden wir uns über ein Haidhausen 3, wie wir es benennen, überhaupt nicht unterhalten. Es geht darum: Wenn sich Randbedingungen wesentlich ändern, im Rahmen der Verantwor­tung sowohl des Finanzierers als auch von unserer planerischen Seite her, sich diesen Randbedingungen zu stellen und daraus eine neue Planung zu entwickeln.

Sie sprechen die Trassenführung in Haidhausen an. Ich versuche es einmal, von der techni­schen Seite her zu beantworten: Wenn wir Infrastrukturmaßnahmen im Untergrund planen, stellt sich das für den Laien bzw. normalen Betrachter vielleicht etwas einfacher dar, als es in Wirklichkeit ist. Die Überprüfung und Planung der jetzigen Lösung Haidhausen 3 ist insofern nicht eine einfache, als wir speziell am Ostbahnhof bereits Infrastrukturen haben: Wir haben die U-Bahn. Hier ist immer die spannende Frage, wenn wir queren: Sind wir darüber oder sind wir darunter?

Die nächste mit der Planung verbundenen Frage ist, dass wir am Leuchtenbergring wieder an der Oberfläche sein wollen, d. h., wir können nicht unendlich tief gehen. Diese Frage war in erster Linie zu klären, und das haben wir im Rahmen einer technischen Machbarkeit in der ersten Phase geprüft. Das dauert seine Zeit. Wir wollen auch qualifiziert planen.

Die nächste Überlegung, die in die Planung eingeht: Wir haben bestimmte Parameter, mit denen wir umgehen müssen. Das sind die Kurvenradien auf der einen Seite, die Längsnei­gung auf der anderen Seite, und alles, was damit verbunden ist. Wir sind der festen Über­zeugung, dass wir mit der Lösung Haidhausen 3 auch von der technischen Seite her alle An­forderungen erfüllen, und insofern möchte ich noch einmal darauf Bezug nehmen auf das, was Sie vorhin gesagt haben, dass ich die Lösung Haidhausen 2 damals als „endgültige“ Lö­sung vorgestellt hätte. Sie hat den Anforderungen, die an uns gestellt worden sind, genügt. Wenn der Transrapid nicht weggefallen wäre, würden wir uns über ein Haidhausen 3 mögli­cherweise überhaupt nicht unterhalten.

Sie hatten das Thema Baustelleneinrichtungsflächen und Notausstiege angefragt. Dazu möchte ich einen Punkt äußern, der erfreulich ist: dass wir von dem Abzweigbauwerk, das im Bereich der Maximiliansanlagen liegen wird, auch im späteren Zustand einen Notausstieg belassen werden, und dass wir dann bis zur Station Ostbahnhof lediglich mit einem Notaus­stieg auskommen werden und wollen. Das unterliegt aber der weiteren Planung. Einen so

großen Detailierungsgrad haben wir noch nicht und nehmen wir für uns auch gar nicht in An­spruch, sondern es war in erster Linie zu prüfen, ob eine Trassenführung für eine Flugha-fenanbindung überhaupt möglich ist. Das haben wir jetzt abgeschlossen.

Zur Inanspruchnahme der Baustellenflächen und Baustelleneinrichtungen: Sehen Sie es uns bitte nach, dass wir noch nicht so weit sind. Wir werden das in den nächsten Wochen und Monaten ausarbeiten. Wenn wir Neutrassierungen planen, wird in der Regel auch eine Um­verteilung der Betroffenheiten stattfinden. Das habe ich nie verhehlt - weder hier, noch in der Bürgerversammlung, die stattgefunden hat. Ich glaube, dass mit der zweistufigen Lösung eine wesentliche Entlastung aller Anwohner an der Kirchenstraße stattgefunden hat. Hier werden Sie mir auch zustimmen. Es hat eine wesentliche Entlastung in Sachen Anzahl der Notausstiege stattgefunden. Wenn es uns gelingt, diese Planung nach allgemeiner Zustim­mung in den entsprechenden Gremien weiterzuverfolgen, wird sich tatsächlich - ohne jetzt auf Zeitdauern und Flächengrößen einzugehen - die Hauptmaßnahme in den Maximiliansan­lagen abspielen, etwas zur Isar gerückt und nicht mehr so nahe an der Skellstraße. Wir wer­den versuchen, mit einem Notausstieg zurechtzukommen, dessen Lage beim besten Willen noch nicht gefunden worden ist.

Was in Mitleidenschaft gezogen werden wird - das ist unbestritten und eindeutig auch gesagt worden -, ist die Maßnahme, die sich um den Orleansplatz herumgruppieren wird, wozu auch entsprechende Umlegungen des Individualverkehrs und des öffentlichen Verkehrs gehören. Darum kommen wir an der Stelle nicht herum. Die genauen Konzepte sind noch nicht ausge­arbeitet. Aber ich kann Ihnen die Auskunft geben, dass es in der Summe keine Verschlechte­rung sein wird - allein schon aufgrund der Tatsache, dass wir weniger Notausstiege haben.

Aktuellerweise legen wir unseren Schwerpunkt bei den Planungen auf den Ostast, der Rich­tung Leuchtenbergring führt, was zur Folge hat, dass das Kopfmachen vorläufig Bestand ha­ben wird. Ob der Südast nachbaubar ist, war auch in unserer Prüfung mit enthalten. Da be­gegnen wir wieder den Themen der U 1/U 2 - wir müssen darüber oder darunter fahren -, und welche Lösung dann im Detail beim Südast kommen wird, ist nicht bis zu Ende geplant, und dazu waren wir auch in der Kürze der Zeit noch nicht in der Lage. Hier gibt es ein Vari­antenspektrum, das von einer zusätzlichen unterirdischen Station bis zur ursprünglichen Lö­sung geht, um die Oberfläche wieder zu erreichen. Bei der unterirdischen Station wäre die Anbindung an die St.-Martin-Straße, wie es in der Haidhausen 2-Lösung vorgesehen ist, ge­geben. Bei einer oberirdischen Lösung sind die Konzepte und die Planungen nicht so weit fortgeschritten.

StRin Wolf: Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Oberbürgermeister! Herr Scheller! Sie ha­ben jetzt noch einmal dargestellt, dass die Variante Haidhausen 3 als Flughafenanbindung ins Spiel kommt. Dann, denke ich, sollte man bei den Umsteigebeziehungen schon davon ausgehen, dass sie vom Hauptbahnhof aus betrachtet von Vielen so genutzt wird. D. h., vom Erdgeschoss bzw. von oben nach unten, und dann sind es doch wieder diese 40 m. Wenn das unter diesem Aspekt geplant ist, kann man das nicht einfach wegdiskutieren.

In der Planung Haidhausen 2 wurde in mehreren Versammlungen explizit dargestellt, dass sich die ganze Maßnahme nur rechnet, wenn zumindest langfristig dieser Südast kommt. Dieser Punkt wurde mehrmals thematisiert, d. h., dies war wahrscheinlich gedacht, um die Leute zu beruhigen, die meinen, man macht nur einen und lässt den zweiten bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag liegen. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, soll sich schon allein dieser Ast zum Flughafen rechnen. Es würde mich interessieren, welche Argumente dafür spre-chenl. Sie sagen auch, den Südast betrachten Sie gar nicht mehr in der Tiefe - denn ich den­ke, „nicht verunmöglichen“ heißt vom Kosten-Nutzen-Effekt her gar nichts. Heißt das, dass der Südast nach Giesing ohnehin nicht realisiert wird, weil er sich in der Betrachtung alleine nicht rechnet? Wo kommt jetzt dieser positive Kosten-Nutzen-Faktor von diesem alleinigen Ast zum Flughafen her? Das ist mir nicht einsichtig, vor allen Dingen, weil in der Haidhau-sen 2-Planung mehrmals darauf rumgeritten worden ist, dass es sich nur rechnet, wenn man beides macht.

Herr Scheller: Der wesentliche Unterschied von der Lösung Haidhausen 2 zu Haidhausen 3 ist, dass die Station am Ostbahnhof nicht mehr im Südast, sondern im Ostast, d. h., am Leuchtenbergring, liegt. D. h., der Fahrgastgewinn für diese Linie steigert den Nutzen-Kos­ten-Faktor - worauf Herr Göttler sicherlich etwas näher eingehen kann -, denn eine NKU, eine Nutzen-Kosten-Analyse zu erstellen, ist in erster Linie nicht Aufgabe des Vorhabenträ­gers, sondern desjenigen, der die Finanzierung auf den Weg bringt.

Wenn Sie sagen, wir waren in den zurückliegenden Veranstaltungen unterwegs, um zu beru­higen: Das ist sicherlich auch unsere Aufgabe, aber wir haben uns immer um Sachlichkeit bemüht. Es lag uns daran, aufzuklären, ohne dass wir bei bestimmten Themen einen Aus­weg gefunden haben und gesagt hätten, das sprechen wir lieber nicht an. Insofern ist alles das, was heute gesprochen worden ist, kein Widerspruch zu dem, was wir in den vergange­nen Veranstaltungen kommuniziert haben. Der damalige Stand Haidhausen 2 war von der inhaltlichen Seite und von der Qualität her für mich und - und das ist auch von der Besteller­seite her bestätigt worden - völlig in Ordnung und hat die Kriterien erfüllt, die gestellt worden sind. Damals hatte der Südast einfach einen anderen Charakter, als er ihn jetzt hat. Es hat

kein Mensch gesagt, der Südast kommt nie, nur, wenn sich die 2. Stammstrecke in Richtung Flughafen - was noch nicht entschieden ist - mit einem positiven Nutzen-Kosten-Faktor dar­stellt, dann wird man die Analyse über die Notwendigkeit und die Richtigkeit einer Südanbin-dung bzw. des Südastes noch einmal wohlwollend auf den Prüfstand stellen. Das ist unser aller Aufgabe. Das ist Sache der Planung. Wir haben die Südanbindung bzw. den Südast in unseren derzeitigen Überlegungen nicht vernachlässigt. Ich habe gesagt, dass wir diesen Punkt in der jetzigen Planung etwas zurückgestellt haben und wir lediglich aufgefordert wa­ren, zu prüfen, ob bei dieser Lösung Haidhausen 3 ein Südast überhaupt baubar ist. Ich hat­te vorher gesagt, von der technischen Seite her kann man das nicht so einfach sagen, wir binden den Leuchtenbergring an, und dann wird das mit dem Südast schon irgendwie gehen. Es war unsere Aufgabe, das Spektrum der Möglichkeiten darzustellen, und das ist auch ge­macht worden.

Herr Ministerialdirigent Hans Peter Göttler: Die Nutzen-Kosten-Untersuchung ist ein Regel­werk des Bundesverkehrsministeriums, das bundeseinheitlich für all diese Projekte gilt. Er­rechnet wird dies von Gutachtern. Wir haben einen Gutachter beauftragt, der eine vorläufige Rechnung aufgestellt hat, die für die neue Anbindung auf der Basis Haidhausen 3 zu einem deutlich positiven Ergebnis kommt. Eine abschließende Berchnung ist aber erst möglich, wenn die Kosten in einer vertieften Weise berechnet sind und der verkehrliche Nutzen noch einmal gegengerechnet wird. Tatsache ist, dass durch diese Anbindung des Ostbahnhofs eine ganze Reihe von zusätzlichen Umsteigebeziehungen aus dem Regionalverkehr heraus entstehen und die Attraktivität dieses Astes erhöht wird. Die Kriterien, wie viele Fahrgäste gewonnen werden und welche Reisezeitnutzen entstehen, sind wesentlich bei der Frage, ob ein positiver volkswirtschaftlicher Nutzen entsteht oder nicht. Deswegen wundert es mich nicht, dass die Anbindung des Ostbahnhofes zu einer Neubewertung der Version Haidhau-sen 3 gegenüber der im letzten Jahr präsentierten geführt hat.

Ein Haidhausen 4 wird der Freistaat bei den Planungen sicher nicht beauftragen, denn wir haben auf die veränderten Umstände in Folge des Endes des Transrapids reagiert. Wir ha­ben aus unserer Sicht eine gute Lösung. Der Ministerrat hat sich gestern mit dieser Thematik befasst und hat das ebenso anerkannt. Wir erwarten, dass bis zum Sommer die Nutzen-Kos­ten-Untersuchung und eine belastbare Vorplanung einschließlich einer vertieften Kostenana­lyse vorliegt. Wir hoffen, dass die Ergebnisse des Flughafengutachtens vorliegen und dann ist es Aufgabe der Politik - der Staatsregierung in enger Abstimmung mit der Stadtspitze -, die beste Lösung bzw. die optimale Verknüpfung zu finden und eine Entscheidung zu treffen.

Herr Klaus-Dieter Josel: Zur NKU möchte ich ergänzen: Die Länge der Umsteigewege geht natürlich in die Bemessung des Nutzens mit ein. Das ist dort dann ein zusätzlicher Wider­stand. Die NKU ist ein objektives Verfahren, das bundesweit Anwendung findet, und in das alle Nutzen und alle Widerstände eingehen.

StR Dr. Mattar: Herr Oberbürgermeister! Meine Damen und Herren! Ich habe zunächst ein­mal an Herrn Dr. Vieregg eine Frage. Sie haben dargestellt, dass der Südring auch in Bau­abschnitten gebaut werden kann. Können Sie hier etwas zu den Teilnutzern erläutern?

Meine nächste Frage geht an Herrn Dr. Vieregg und an Herrn Freitag und betrifft die Umstei­gesituation. Wir haben schon eine starke Überlastung am Hauptbahnhof, am Marienplatz und am Marienhof. Wenn wir den 2. Tunnel bekommen, würden wir diese Überlastung auf lange Sicht im Grunde festschreiben und verstärken. Liegt es bei den Untersuchungen, die Sie erläutert haben, vielleicht nicht auch daran, dass wir diese Überlast wegen der mangeln­den Alternativen haben? Wenn man zum Sendlinger Tor will, muss man am Hauptbahnhof oder am Marienplatz umsteigen. Wenn man aber vom Süden kommt, könnte man von der Poccistraße oder vom Kolumbusplatz her auch zum Sendlinger-Tor-Platz kommen.

Die dritte Frage würde ich gerne an Herrn König und auch an Herrn Dr. Vieregg richten: Wür­de eine Verlängerung der U 5 und U 4 nicht auch eine Entlastung der innerstädtischen S-Bahn-Nutzung bringen? Von Laim nach Pasing und vom Arabellapark nach Englschalking: Wäre das nicht auch eine ergänzende Maßnahme, um das Ziel, das wir alle haben, nämlich eine optimale Vernetzung der verschiedensten Verkehrsträger zu erreichen, zu realisieren?

Eine letzte Frage an Herrn Göttler: Wir sind uns sicherlich einig und im Klaren, dass wir nicht einen 2. S-Bahn-Tieftunnel und einen Nordtunnel bekommen. Das bedeutet, dass dann eine Fernbahnanbindung in den nächsten 50 Jahren entweder gar nicht oder nur von Pasing am Hauptbahnhof vorbei realisiert wird. Sehen Sie das auch so oder hat sich das Ministerium in­zwischen schon von der Fernbahnanbindung verabschiedet? Es kann nicht im Interesse der Stadt sein, dass der Hauptbahnhof abgehängt wird. Das ist für mich eine wesentliche Frage, weil alle Dinge, die wir heute tun, eine Wirkung auf 30 oder 50 Jahre haben.

Herr Dr. Martin Vieregg: Zum ersten Aspekt der Teilabschnitte: Wir haben auch einmal Foli­en erstellt, bei denen wir sechs Baustufen vorgestellt haben. Wir haben aber jetzt, in dem ak­tuellen Zeitplan, den wir vorgestellt haben, einen wesentlich schnelleren Bauablauf unter­stellt, bei dem wir bis zu 100 Mio. € pro Jahr in den Südring-Ausbau stecken, und da sehen wir dann letztlich nur noch zwei Baustufen vor: Teilausbau und Vollausbau. Es ist eine Frage

des Geldes, wie schnell man ein solches Projekt durchziehen will. Wenn nicht so viel Geld zur Verfügung steht, haben wir die Möglichkeit, weitere Etappen zu bilden.

Zur Überlastung der U-Bahn: Ich habe versucht, das Problem darzustellen. Es gibt dabei, wenn man alle Umsteigeverkehre in die Innenstadt auf Hauptbahnhof und Marienplatz ver­legt, für die U-Bahn zwei Probleme. Das eine Problem ist, dass insgesamt mehr Leute am Hauptbahnhof und Marienplatz in die U-Bahn ein- und wieder aussteigen, so dass sich dann die Zeiten, in denen die U-Bahn am Marienplatz stehen muss, tendenziell verlängern und im Prinzip die Leistungsfähigkeit der U-Bahn abnimmt. Das andere Problem sind die sog. Quer­schnitte. Sie haben sicherlich solche Darstellungen schon gesehen, die wie Bäume ausse­hen, und bei denen der Stamm zur Innenstadt hin immer stärker wird. Hier ist es so, dass man bei einem Bahnhof, z. B. Bahnhof Poccistraße, den Abschnitt Poccistraße - Marienplatz entsprechend entlastet, weil die S-Bahn-Fahrgäste schon nicht mehr in die Innenstadt hin­einfahren müssen.

Zur U-Bahn nach Pasing ist zu sagen, dass aufgrund von technischen Gegebenheiten -wenn man sich für den Südring entscheidet - für Pasing auch für den letzten Kilometer eine oberirdische Streckenführung möglich wird, weil bestimmte Bahngleise obsolet werden, so dass sozusagen der Südring in gewisser Weise auch eine Stütze für die U-Bahn nach Pa-sing wäre, weil sie dann billiger wird.

Herr Herbert König: Ich würde gerne den Marienplatz als Problempunkt für das Umsteigen aus der Diskussion herausnehmen. Immerhin ist dort mit einer großen Investition vor der Weltmeisterschaft eine erhebliche Kapazität geschaffen worden, so dass wir dort aktuell und erkennbar keine Überlastungsprobleme mehr haben, was die Bahnhofskapazität betrifft. Die 2. S-Bahn-Stammstrecke mit einem Anschluss am Marienhof würde die Situation dort - ich beziehe mich immer auf die Bahnhofskapazität - sogar noch etwas entschärfen, weil der Zu­gang vom Marienhof gestärkt würde. Das einzige Problem, das wir heute am Marienplatz noch haben, ist dieses konzentrierte Zulaufen aus der Südrichtung und eine ungleichmäßige Verteilung der Fahrgäste am Bahnsteig. Dies würde dadurch sogar etwas reduziert. D. h. also, aus dem Gesichtspunkt Bahnhof Marienplatz sehen wir die 2. S-Bahn-Stammstrecke eher positiv.

Anders sieht es am Hauptbahnhof aus: Ich habe es in meinem Kurzvortrag schon dargestellt, dass die Kapazität der Anlagen im Bereich U 1, U 2 an der Grenze sind. Dort würde es na­türlich zusätzlichen Umsteigeverkehr geben, was in der Tat die Problemlage dort nicht er­leichtert. Das ist auch einer der Gründe für unser Konzept der U 9, weil es mit einer eigenen

Bahnsteiganlage im Bereich Hauptbahnhof dieses Problem lösen und sich dort im Prinzip auch mit dem Thema 2. S-Bahn-Stammstrecke gut ergänzen würde.

Stichwort Pasing: Hier muss man sich noch einmal in Erinnerung rufen, dass es bei aller Un­terschiedlichkeit in der Beurteilung der S-Bahn-Konzepte einen Konsens gibt - und so ist das heute auch wieder wahrzunehmen -: Wir wollen eine Verstärkung der S-Bahn auf der Ost­West-Achse, eine Verstärkung des Angebotes in der Region, und das heißt zunächst einmal, in welcher Variante auch immer, es kommt im Erfolgsfall zu einer weiteren Verdichtung des S-Bahn-Verkehrs zwischen Pasing und der Innenstadt. Die S-Bahn ist hier schon von den Reisezeiten her ohne Zweifel das attraktivere Verkehrsmittel, weil sie naturgemäß viel kürze­re Reisezeiten ermöglicht als eine auch verlängerte U-Bahn mit viel mehr Zwischenhalten, so dass eines unstrittig ist: Der Ausbau der S-Bahn - auf welcher Trasse auch immer - wird, wenn er denn erfolgt, einer potenziell verlängerten U-Bahn nach Pasing zusätzliches Fahrga­staufkommen wegnehmen, weil es die attraktivere Verbindung in die Innenstadt darstellt. Umgekehrt wäre es aber vermessen zu sagen, dass eine Verlängerung der U-Bahn mit der Kapazität - man muss ja immer das Delta an Kapazität rechnen gegenüber heute, das auf der U 4/5 noch möglich wäre - die Problematik der S-Bahn, über die wir heute den ganzen Tag diskutieren, lösen würde. Das wäre sicherlich nicht der Fall.

Herr Klaus-Dieter Josel: Ich möchte zu dem Teilausbau Südring etwas ergänzen. Herr Dr.Vieregg hat formuliert, dass es nur eine Frage des Geldes sei, wie man den Ausbau vor­anbringen könne. Es ist nicht nur eine Frage des Geldes, es ist vor allen Dingen bei laufen­dem Betrieb auch eine Frage der Möglichkeiten. Wir haben heute einen Südring, der sehr gut ausgelastet ist. Wir haben Güterverkehr, wir haben den Regionalverkehr Richtung Ro­senheim-München, wir haben den Fernverkehr. Wenn wir dort so massiv umbauen würden, wie von Herrn Dr. Vieregg und Herrn Dr. Rößler vorhin vorgestellt, dass kein Stein auf dem anderen bleibt, dann würde das bedeuten, dass wir massiv ins Betriebsgeschehen eingreifen müssen. Das ist nicht so ohne Weiteres denkbar. Hier sind massive Umleitungskonzepte etc. erforderlich. Das muss mit den Transporteuren abgestimmt sein. D. h., so eine Baumaßnah­me streckt sich auf der Zeitschiene ganz massiv nach rechts. Oder Sie sperren den Südring für die notwendige Bauzeit für zwei Jahre, aber das ist aus unserer Sicht nicht vorstellbar, dass man eine solche massive Sperrung in Kauf nehmen kann.

Herr Ministerialdirigent Hans Peter Göttler: Es war noch die Frage offen, wie man den Flug­hafen an den Fernverkehr anbindet. Wie Sie wissen, erstellen wir derzeit das umfassende Flughafengutachten. Die Fernbahnanbindung ist dort ein eigenes Thema. Nach Abschluss der ersten Stufe sind sieben Varianten in die nähere Betrachtung gekommen, die derzeit

vom Gutachter untersucht werden. Da gibt es auch einen Zentralkorridor in den Untersu­chungen, aber es wird sich zeigen, dass es schwer sein wird, ein Tunnelprojekt im Fern­bahnverkehr volkswirtschaftlich zu rechtfertigen. Sie haben dann relativ wenige Züge pro Stunde, und auch der Fernbahnverkehr muss, wenn er aus dem Bedarfsplan des Bundes fi­nanziert werden soll, einen positiven volkswirtschaftlichen Nutzen haben. Es gibt durchaus Alternativen dazu, und es wird nicht zwingend dazu führen, dass der Hauptbahnhof vom Westverkehr über Pasing abgehängt wird. Es ist durchaus denkbar, auch über eine ertüch­tigte S 8-Trasse oder über eine neu gestaltete West-Trasse den Fernverkehr an den Flugha­fen anzubinden. Den Ergebnissen der Untersuchung kann ich aber nicht vorgreifen.

Auf eine Illusion möchte ich hinweisen: Wir wissen, dass der Bundeshaushalt für den Neu­bau und Ausbau von Schienenwegen trotz Konjunkturprogramm stark überlastet ist. Die Mit­tel von gut 1 Mrd. € im Jahr sind bis zum Jahr 2017 für Großprojekte weitestgehend verplant. Wir kämpfen seit Jahren für Planungsmittel zum Einstieg des Ausbaus der Strecke München - Mühldorf-Freilassing. Zu glauben, wir würden mit unserem Projekt zum Bund gehen und er­hebliche Mittel für Planungen bekommen, die die Bahn in die Lage versetzen würde, solche Dinge wie Hauptbahnhof, Fernbahn, Tunnel oder Derartiges zu planen, halte ich für eine Illu­sion.

OBM Ude: Es gibt jetzt neben den sechs Wortmeldungen aus dem ehrenamtlichen Stadtrat auch eine Wortmeldung außerhalb des Stadtrates. Ich stelle den Antrag, das Stimmrecht zu­zulassen. Wer ist von den anwesenden Stadtratsmitgliedern für ein Rederecht eines Nicht-stadtratsmitgliedes?

Der Antrag des Oberbürgermeisters, einem Gast des Hearings Rederecht zu ge­währen, wird mit 18 : 14 Stimmen beschlossen.

StR Altmann: Herr Oberbürgermeister! Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich hatte den Eindruck, die Vorstellung für die 2. Stammstrecke hat sich den Ausführungen nach nur für das „Wie“, aber nicht für ein „Wieder“ dargelegt.

Wenn ich nur die Möglichkeit habe, über den Marienplatz und den Hauptbahnhof zu fahren, kann ich nicht sagen, ich möchte über den Odeonsplatz oder sonst irgendwo fahren. Wenn


 

ich heute sehe, wie viele Pendler tagtäglich die Umsteigemöglichkeiten am Odeonsplatz und am Sendlinger-Tor-Platz nutzen, sollte man das auch einmal ins Kalkül ziehen, dass sich S-Bahnfahrer vielleicht auch diesen Möglichkeiten anschließen würden.

Zum Sicherheitskonzept hätte ich gerne noch Näheres erfahren. Gibt es bereits ein entspre­chendes Rettungskonzept? Wenn nein, würde das die Kosten erheblich in die Höhe treiben? Was kann man dazu noch ausführen?

Wir wissen, dass es in Haidhausen bereits seit mehreren Monaten und Jahren eine Bürgerin­itiative gibt, die angekündigt hat, dass sie Einwendungen bringen und möglicherweise klagen wird. Womit müssen wir in Ihrem Zeitplan, den Sie bis 2017 vorgestellt haben, rechnen, wenn die Einwendungen wirklich kommen, wenn die Gerichtsverfahren anhängig werden? Wie sieht dann so ein Zeitplan aus? Mit welchen Verzögerungen müsste man in etwa rech­nen?

Was mich noch interessieren würde: Wir haben in den jüngsten Tagen erlebt, was in Köln abgelaufen ist. Ich möchte das hier nicht an die Wand malen, aber auch dies würde mich in­teressieren. Ist bereits die Untersuchung auch dahingehend abgeschlossen, dass man so et­was - 100 % gibt es ja nie - zumindest zu 95 % ausschließen kann? Wir wollen kein Köln hier in München.

Herr Alexander Freitag: Die Zahlen sind sehr solide ermittelt. Wir zählen nicht nur die Ein-und Aussteiger, sondern wir befragen auch, wo die Fahrgäste herkommen und wohin sie wollen. Daraus ergibt sich die Aussage, dass sie zentral in die Haltestellen der Stammstre­cke wollen. Wenn Sie nur einen Ein- und Aussteiger ohne Befragung haben, dann ist klar, dass er aussteigt und zu Fuß oder mit dem Fahrrad weiter will.

Wenn sie keinen definierten Ein- und Aussteiger haben, dann nennen wir dies Übersteiger. Er steigt dann in ein anderes Betriebsmittel, z. B. Trambahn oder U-Bahn, um, oder wir ha­ben einen Umsteiger, der dann z. B. am Ostbahnhof in eine andere S-Bahnlinie einsteigt , so dass wir ein relativ klares Bild von den Kundenbedürfnissen haben. Wir nehmen eine netzweite Befragung im regelmäßigen Turnus von zehn Jahren vor. Dazwischen schreiben wir die Zahlen durch Querschnittsmessungen fort. Die Verkehrsunternehmen ergänzen das ihrerseits durch Messungen. Wir können die Zahlen auch über die konkreten Verkaufszahlen fortschreiben, so dass wir zwischen diesen Jahren auch eine konkrete Entwicklung haben, wie sich die Betriebszweigbeförderungsfälle entwickeln. Das ist relativ gut abgesichert.


 

Herr Albert Scheller: Ich gehe gerne auf die Fragen ein. Ich beginne mit dem Thema Sicher-heits- und Brandschutzkonzept, das Sie angefragt haben. Das kann ich konkret und sehr ge­nau beantworten. Wenn wir ein Infrastrukturprojekt dieser Art planen und beim Eisenbahn­bundesamt zur Genehmigung einreichen, muss das ein hohes Maß an Vollständigkeit ha­ben. Dazu gehört natürlich auch neben sonstigen Untersuchungen das Thema Brandschutz-und Sicherheitskonzept. Ohne ein klares Konzept wird unsere Planung nicht bearbeitet und nicht genehmigt.

Wir unterscheiden bei der 2. S-Bahn-Stammstrecke zwei Themen: Das eine ist das Sicher­heitskonzept, und das andere ist das Brandschutzkonzept. Die Tunnelröhren und die Stre­cken unterliegen einer Ausarbeitung eines Sicherheitskonzeptes und die Stationen eines Brandschutzkonzeptes. Ich möchte es kurz fassen: Das Sicherheitskonzept in der Tunnel­strecke - und wir haben sehr lange Tunnelstrecken - wird dadurch sichergestellt, dass wir im Abstand von etwa 600 m sog. Rettungsschächte bauen und im Tunnel selber einen sog. Fluchtweg installiert haben. Dieser liegt neben den Gleisen. Wenn man die Türen des S-Bahn-Zuges verlässt, kommt man auf einen Gehweg bzw. Fluchtweg, an den bestimmte Anforderungen gestellt werden bezüglich der Breite und Höhe.

Über die Beschilderung - das kennen wir aus anderen Verkehrsprojekten - wird dann der nächste erreichbare Rettungsschacht ausgeschildert, und in dem Zusammenhang geht der Detaillierungsgrad etwas weiter. Für den Fall, dass eine Verrauchung in der Tunnelstrecke stattfindet, sind diese Rettungsschächte mit sog. Schleusen verbunden. D. h., bevor sie ver­suchen, die Höhe zu überwinden, um in den Rettungsschacht zu gelangen, ist vorher eine Pufferzone vorgesehen. Die Größe ist an der Anzahl der Fahrgäste bemessen, die maximal in einem Zug sein können. Man geht davon aus, dass sich im Fall eines Ereignisses die flüchtenden Fahrgäste auf zwei Notausgänge verteilen, und damit ist das auch bewältigbar. Die Notausgänge und die Rettungsschächte haben in der Regel keinen Aufzug. Das ist auch der Grund, weshalb man vorher Schleusen einbaut, damit diejenigen, die in irgendeiner Form gehandicapt sind, sich in einem sichereren Raum - wie das bei uns heißt - aufhalten können.

Anders ist es im Bereich der Stationen. Dort haben wir gemeinsam mit der Bahn und mit dem Innenministerium und der Brandschutzdirektion der Landeshauptstadt München Kon­zepte erarbeitet, die vorsehen: Wenn ein S-Bahnzug brennt, gibt es einen sog. Bemessungs­brand, der eine bestimmte Menge an Energie freisetzt mit einer gewissen Rauchentwicklung. Rauchentwicklung bedeutet, wenn der Rauch hinabsinkt auf die Bahnsteigebene, ist der Fahrgast orientierungslos und kann den Notausgang und die Treppenanlagen nicht finden.

Deswegen - das ist die Grundlage der Konzeption - gibt es Rechenmethoden und Simulatio­nen, bei denen der Brand eines S-Bahnzuges und die damit verbundene Rauchentwicklung unterstellt wird, und damit geht die in Anspruch genommene Zeit einher, bis der Bahnhof komplett verraucht ist.

Dem entgegen steht natürlich die Zeit, die der Fahrgast braucht, um mittels Treppen an die Oberfläche zu kommen, die zu diesem Zwecke auch als Festtreppen bemessen sind. D. h., wenn man bis zum letzten Fahrgast davon ausgeht, dass wir in etwa eine knappe halbe Stunde Zeit haben, um die noch rauchfreien Bahnsteige freizuräumen, denn das ist genau die Zeit, in der sich der Rauch entwickelt. Wenn Sie aktuell beobachtet haben, was in der be­stehenden Stammstrecke um diese Treppen- und Aufzugsanlagen herum gebaut worden ist, erkennen Sie, man will verhindern, dass der Rauch im Brandfall über die Treppenanlagen nach oben steigt. Es wird die zulässige Zeit der Verrauchung berücksichtigt, damit die sog. Selbstrettung möglich ist. Jeder Fahrgast sollte sich nach oben in Sicherheit bringen können, ohne sich durch verrauchte Auf- bzw. Abgänge zu bewegen. Dies war jetzt ein Schnelldurch­gang für eine Planungsarbeit, die mehr als zwei Jahre gedauert hat.

Die nächste Frage bezog sich auf die Sicherheit des Terminplans für den Fall von Klagen. Wir leben in einer Demokratie, in der heute jeder klagen kann. Man sollte sich jedoch vorher überlegen, ob eine Klage auch zielführend ist. Die Dauer der Verzögerung im Fall von Kla­gen obliegt nicht uns, sondern den Gerichten, die auch einen gewissen Auslastungsgrad ha­ben. Es gibt Erfahrungswerte, wann ein Gericht einer Klage stattgibt oder nicht. Wir haben aktuell bei dem sehr großen Projekt „Stuttgart 21“, das Sie kennen, auch Klagefälle. Bei Schienen-Infrastrukturprojekten ist nach unserer Erfahrung der Erfolg einer Klage relativ ge­ring. Ich möchte jedoch damit nichts präjudizieren. Soviel zu Ihrem Thema Klagen und den damit verbundenen Verzögerungen.

Dann war noch ein Punkt zum Thema Köln offen, dieser musste heute kommen - ich habe es auch nicht anders erwartet. Die Antwort ist kurz und prägnant: Sie werden Verständnis dafür haben, dass wir an dieser Stelle über dieses Thema inhaltlich nicht diskutieren werden. Das steht uns auch gar nicht zu. Dazu kann sich jeder eine eigene Meinung bilden. Wir sind in diese Themen und die Technik nicht involviert. Wir können lediglich versuchen, die Informa­tionen, die wir aus der Presse erfahren haben, zu werten. Ich möchte in diesem Zusammen­hang darauf verweisen: Kurz nach diesem Unglück hatte Herr Prof. Vogts vom Lehrstuhl für Geologie an der TU München ein Interview gegeben. Herr Prof. Vogts begleitet unser Projekt sehr intensiv. Ich schließe mich seiner Meinung inhaltlich an, denn er sagt: Man muss bei Projekten dieser Art ein großes Augenmaß walten lassen, um mögliche Gefahrenquellen zu

bearbeiten und in die Szenarien einzubringen. Wir können das Unglück von Köln nicht beur­teilen, wir wissen einfach nicht genug. Auch zu der momentan verkündeten Botschaft, es wäre ein hydraulischer Grundbruch, kann ich nicht Stellung nehmen. Ich kenne weder die Geologie im genauen Detail noch die Ausführung. Ich kann für unsere Planung in Anspruch nehmen, dass wir genau dieses Thema, Szenarien aufzubauen, sehr genau und ausgespro­chen intensiv wahrnehmen.

Ich möchte auf zwei Dinge verweisen: Ich hatte einmal zu einem anderen Anlass unsere technische Lösung vorgestellt, wie wir die U 1 und U 2 am Hauptbahnhof unterfahren. Dort haben wir genau das eingebaut, wodurch wir im Fall von Setzungen unmittelbar reagieren können und uns nicht erst Gedanken zu machen brauchen, wenn ein Fall eintritt. Der zweite Punkt ist folgender: Wir haben für die erstaunte Öffentlichkeit immer wieder die Fragen be­handelt: Was passiert mit dem Dom? Das hat uns besonders zu einem Zeitpunkt belastet, an dem auch wiederum in Köln vor einigen Jahren ein Unfall passiert ist. Das Thema Frauenkir­che nehmen wir extrem ernst, und zwar ab dem ersten Tag. Wenn Sie einmal die Kirche be­treten und sich genau umsehen, dann werden Sie feststellen, dass wir seit drei Jahren Mes­sungen vornehmen, um festzustellen, wie sich dieses Gebäude bewegt. Damit ist es uns möglich, ein Szenarium aufzubauen für den Fall von Setzungen.

Abschließend, und das betone ich immer wieder: Die 2. Stammstrecke in München mit der derzeitigen Planung hat den großartigen Vorteil aus bautechnischer Sicht und hinsichtlich der Risiken für die Oberfläche, dass wir sehr tief arbeiten werden. Jeder Tunnelbauplaner - ich komme aus der Welt des Tunnelbaus - wird Ihnen bestätigen, dass wir ein zunehmen­des Maß an Sicherheit während des Baus erreichen, wenn wir in geologisch definierten si­cheren Gebieten sind, und das sind wir in München. Den Münchner Boden kennen wir aus dem U-Bahnbau sehr gut.

OBM Ude: Wir haben noch acht Wortmeldungen. Ich würde Ihnen vorschlagen, jetzt schon den Schluss der Rednerliste zu beschließen. Ich denke, es haben wirklich alle Zeit gehabt, um Fragen zustellen. Einverstanden? Dann schließe ich die Redeliste.

Herr Schober: Mein Name ist Schober. Ich leite ein Ein-Mann-Redaktionsbüro in München und bin in dem Bereich sehr aktiv. Ich habe eine Frage und dann einen Vorschlag: Es wurde sehr vage vom Umland gesprochen. Ist damit der Außenbereich innerhalb des S-Bahn-Be­reiches gemeint oder ist mit Umland der Bereich gemeint, der vor den Kopfstationen der Lini­en liegt? Das ist der Bereich, woher weitgehend die Pendler kommen - die vollen Regional­Express-Züge zeigen das. Wer vertritt diese Leute?

Wir haben seit drei Wochen eine rechtlich konstituierte Institution in München, den EMM, Eu­ropäische Metropolregion München. Herr Ude, Frau Rumschöttl, Herr Preuß, Sie sind sach­lich mitbetroffen, wenn auch nicht da. Ich habe die Anregung, zur Vertretung dieser Fahrgäs­te den MVV auszuweiten zum MMVV, Metropol München Verkehrsverband. Das kann alle Probleme lösen. Auch die Bahn würde eingeschlossen sein. Ich bin für die 2. Stammstrecke mit einer klaren Aufgabenzuweisung. - (OBM Ude: Wir haben vereinbart keine Plädoyers zu halten, sondern nur Fragen zu stellen, sonst hätten alle Stadträte auch sagen können, wofür und wogegen sie sind!) - Ich mache nur die klare Zuweisung, Stammstrecke 1 S-Bahn, Stammstrecke 2 Express-S-Bahn und Regionalzüge zusammengefasst zu einem Zug. Dan­ke.

StR Reissl: Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe zwei Fra­gen. Die erste Frage richtet sich an Herrn Dr. Vieregg. Wenn ich Sie recht verstanden habe, ist der wesentliche Punkt Ihres Konzeptes, dass Sie den Südring im Grunde neu bauen. Sa­gen Sie uns doch bitte, wie viele Brücken müssen Sie neu bauen, und zwar innerhalb des Gleisgeschehens, also Brücken über andere Gleise, aber auch Überführungen über Gewäs­ser und Straßen, um einmal einen Überblick darüber zu bekommen, wie viel man mit 400 Mio. € wirklich bauen kann?

Die zweite Frage richtet sich an Herrn König. Die für mich interessantesten Zahlen hat heute Herr Freitag geliefert. Ich nehme den Marienplatz noch einmal heraus, und zwar dort die Menschen, die am Marienplatz aus irgendeinem Grund die S-Bahn verlassen oder die S-Bahn besteigen. Ich habe gelernt, dass 29 % Aussteiger sind, die wirklich am Marienplatz aussteigen, um dann zum Einkaufen zu gehen oder zu ihrem Arbeitsplatz zu kommen. 32 % steigen ein, weil sie von ihrem Arbeitsplatz oder vom Einkaufen kommen. Und wir haben 37 % sog. Übersteiger. Aus unseren Erfahrungen mit dem U-Bahn-Netz dürfen wir auch an­nehmen, dass von diesen 37 % der deutlich größere Teil die U 3 und U 6 nach Norden nimmt, um z. B. zu den Hochschulen zu kommen, und nur der geringere Teil von diesen 37 % nach Süden fährt. Meine Frage an Herrn König: Wenn ein Teil dieser Leute, die eigent­lich zum Marienplatz wollen, mit der S-Bahn zur Poccistraße gebracht werden, wie bringen Sie denn dann vor allen Dingen in der Hauptverkehrszeit die Menschen von der Poccistraße zum Marienplatz?

Herr König: Ich kann die Frage dahingehend beantworten, dass ich sie nicht beantworten kann, Herr Reissl, weil mir bis zum heutigen Tage noch nie irgendeine Umlegungsberech-nung hinsichtlich des S-Bahn-Südringes vorgelegt worden ist. Ich glaube auch nicht, dass


 

diese jemals erstellt worden ist. Wie sich also im Falle des S-Bahn-Südringes die Fahrgäste auf das U-Bahn-Netz verteilen würden, wissen wir nicht. Aber ich gebe Ihnen in einem Recht, in Kenntnis unserer Bahnhofsgrößen beruhigt mich die Vorstellung, dass plötzlich ein gewaltiges zusätzliches Fahrgastaufkommen als Umsteiger auf dem Bahnhof Poccistraße kommt, nicht sehr.

Herr Dr. Vieregg: Das Thema Brücken hängt im Prinzip auch mit der Bauzeit zusammen. Wenn man jetzt „auf die Tube drückt“ und diesen Zeitplan, den ich Ihnen an die Wand ge­worfen habe, genau betrachtet, steckt dahinter ein sehr aufwändiger Ablaufplan, bei dem wir genau überlegt haben: Wann wird wo welche Brücke gebaut? Wir können also versichern, dass wir den bestehenden Betrieb in einer sehr guten Weise ständig aufrechterhalten kön­nen. Deswegen zieht sich dann auch alles, wie Sie in diesem Zeitplan gesehen haben, sechs Jahre hin, und wir können diesen Bau nicht innerhalb von ein oder zwei Jahren ausführen. Aber es bleibt dabei, bis Ende 2015 wäre der Teilausbau möglich.

Bei den Brücken handelt es sich um eine ganze Menge. Ich denke jetzt einmal gefühlsmä­ßig, dass es zwei Dutzend Brücken sind. Ich kann sie Ihnen einmal zusammenzählen. - (OBM Ude: Darf ich nur einmal nachfragen, weil mich das etwas stutzig macht: Sie wissen schon die Kosten, aber wissen noch nicht, wie viele Brücken, sondern das fühlen Sie?) -Nein! Ich kann Ihnen das alles auf den Quadratmeter genau sagen, wie viel Brückenflächen wir haben, weil sie in die entsprechende Kostenkalkulation eingeflossen ist. Ich weiß aber im Augenblick die genaue Zahl nicht auswendig. Der Vergleich ist auch schwierig. Einmal ist es die Braunauer Eisenbahnbrücke, die 170 m lang ist, und einmal ist es die Brücke über die Claude-Lorrain-Straße, die vielleicht 10 m lang ist. Es sind also sehr unterschiedliche Bau­werke, die hierfür erforderlich sind. Ich kann Ihnen aber gerne hierzu noch weitere Zahlen lie­fern. Das ist kein Problem. Ich muss nur nachschlagen.

Noch einmal zu dem Thema der U 3 und der U 6: Für uns ist die Sache klar: Der Abschnitt Poccistraße-Marienplatz wird eindeutig entlastet, weil die Fahrgäste, die in den Süden wol­len, dann nicht mehr zum Marienplatz fahren und den Abschnitt Marienplatz-Poccistraße be­nutzen, und umgekehrt, die, die zum Marienplatz fahren, bahnsteiggleich in Laim, am Leuch-tenbergring oder am Ostbahnhof bereits umsteigen. Diese werden nicht den Umweg über die Poccistraße nehmen.

Herr Alexander Freitag: Zu der Frage, was mit Umland gemeint ist, kann man klar sagen: Es geht um das S-Bahn-Netz, und dieses S-Bahn-Netz erschließt die acht bekannten Verbund­landkreise um München herum.


 

Jetzt ist das Thema EMM angesprochen worden. Das ist zwar zunächst oder auf den ersten Blick im Zusammenhang zu sehen, aber egal, wie man zu einer Ausweitung steht, es hat nichts mit der S-Bahn zu tun. Selbst die Befürworter, die von einer Verbundausweitung spre­chen, reden nie von einer S-Bahn-Ausweitung, weil es um den Regionalverkehr ginge und keinen Sinn macht, eine S-Bahn auszuweiten, weil die Menschen nicht viele Haltestellen hin­tereinander wollen, sondern mit den Regionalzügen schnell durchfahren wollen. D. h., die EMM ist richtig und gut, aber von unserem Thema zu trennen. Es geht rein um einen S-Bahn-Tunnel im jetzigen Verbundsystem, das wir ertüchtigen und verbessern wollen.

StRin Messinger: Herr Oberbürgermeister! Meine Damen und Herren! Es wurde mehrmals angesprochen, dass die Fahrgäste sich kürzere Fahrzeiten wünschen. Dazu meine Frage: Welchen ungefähren Zeitgewinn in Minuten hätten denn die Fahrgäste durch diese 2. Stammstrecke, also diese Express-Strecke, durch den Wegfall der Haltestellen? Kann man das schon genauer beziffern, wie viel Zeitersparnis sich daraus erschließen würde?

Herr Hans Peter Göttler: Wir können es insgesamt beziffern. Ich hatte gesagt, 11.000 Stun­den am Tag ist die Fahrzeitersparnis. Aber ich kann Ihnen jetzt keine detaillierte Berechnung für alle 14 Außenlinien vorlegen. Das ist in die Untersuchungen und in die Angebotskonzepte eingegangen. Aber sehen Sie es mir nach, diese habe ich nicht im Kopf. Wir können Ihnen dies aber gerne nachliefern.

StR Mittermeier: Herr Oberbürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hätte drei Fragen: Die erste Frage geht an Herrn Göttler. Wir haben gehört, dass sich die Finanzie­rungssituation bis 2017 deutlich verschlechtern wird, und wir wissen auch, dass ein sehr kompliziertes Verkehrsbauwerk, wie es der Südring oder auch die 2. Stammstrecke ist, sehr lange Planungszeiten braucht, immerhin sind für die 2. Stammstrecke jetzt acht Jahre verstri­chen. Da stelle ich mir natürlich die Frage, ob ein Projekt wie der Südring, das jetzt noch am Anfang steht, tatsächlich bis 2017 realisiert werden kann. Ist dies tatsächlich möglich, wenn z. B. die standardisierte Bewertung in einem ersten Verfahren noch nicht zum Erfolg führen würde? Wir haben das bei der 2. Stammstrecke gesehen, dann muss umgeplant werden, d. h., man verliert damit auch wieder Zeit. Deshalb an Sie, Herr Göttler, die Frage: Halten Sie eine Realisierung des Südrings bis 2017 für realistisch?

Die zweite Frage lautet: Es ist viel diskutiert worden über die Umsteigezeiten bei der

2. Stammstrecke. Dadurch, dass sie tief liegt, hätte man sehr lange Zeiten, bis man in das

nächste Verkehrsmittel kommt, bei der 2. Stammstrecke allerdings von einem tiefen Tunnel

dann z. B. in die U-Bahn ebenfalls in einem Tunnel. Beim Südring steigt man auf der Ober­fläche um und fährt wieder hinunter in einen Tunnel. Da stellt sich für mich die Frage: Sind die Umsteigezeiten beim Südring überhaupt berechnet worden? Wie lang sind diese Umstei­gezeiten? Wie viele Meter muss man tatsächlich zurücklegen, um von der S-Bahn wirklich in die U-Bahn einsteigen zu können? Hierzu hätte ich gerne Aussagen, um die Varianten ver­gleichen zu können, von Herrn Dr. Vieregg oder Herrn Rößler.

Die dritte Frage, hat sich mir spontan beim Beitrag von Herrn Stadtrat Dr. Kronawitter erge­ben. Er hat gemeint, dass man als Münchner nicht unbedingt für die Ausdünnung der 1. Stammstrecke sein kann. Deshalb frage ich jetzt: Ist es denn den Münchnern verboten, die 2. schnellere Stammstrecke zu nehmen, oder dürfen diese nur die Leute benutzen, die von außen kommen? Denn beide Alternativen, die erste und die zweite, sind doch wohl auch für Münchner da. Darauf hätte ich gerne eine Antwort.

Herr Hans Peter Göttler: Ich beginne mit der Finanzsituation: S-Bahn-Projekte werden her­kömmlich vom Bund aus dem GVFG-Programm mit 60 % bezuschusst. Dieses Bundes-GVFG steht nur bis 2019 zur Verfügung, weil im Rahmen der Föderalismusreform beschlos­sen wurde, diese Mischfinanzierungsinstrumente zu entflechten. Das ist geltende Grundge­setzlage seit zwei Jahren, d. h., wir müssen unser Großprojekt bis zum Jahr 2019 sicher ab­geschlossen haben. Wir können davon ausgehen, dass diese Situation nicht nur in Bayern besteht, sondern auch in anderen Bundesländern Überlegungen angestellt werden, welche Projekte unbedingt noch in dem Zeitraum realisiert werden müssen, in dem ein zuverlässiges Finanzierungsinstrument zur Verfügung steht.

Ich kenne den Planungsstand der VIEREGG & RÖSSLER GmbH nicht, aber ich kann Ihnen sagen: Wir planen seit einigen Jahren an der 2. Stammstrecke, und unabhängig von dem Thema Haidhausen 3, wo man neue Gegebenheiten realisieren musste, hat auch die Plan­feststellung in Abschnitt 1 und 2 Planungsvorläufe von bis zu vier Jahren. Wir haben aber auch die Erfahrung aus kleineren Projekten, wonach ein Planfeststellungsbeschluss unter zwei Jahren kaum zu bekommen ist. D. h., erst müssen Sie die Planung vertiefen, dann brauchen Sie den Zeitraum für die Planfeststellungsbeschlüsse, und dann müssen Sie die MKU berechnen lassen, die Sie aber erst mit verlässlichen Planungsdaten und Kostenschät­zungen aufsetzen können. Ich gehe also von einem mehrjährigen Vorlauf aus, bevor wir beim Thema Südring zu einer Realisierungsentscheidung kommen könnten. Es wurde zu­recht angesprochen, dass niemand weiß, ob dafür die Förderwürdigkeit attestiert werden kann. Meines Erachtens - darauf hatte ich in meinem einführenden Vortrag bereits hingewie­sen - gefährdet genau dies das Projekt ernsthaft.


 

Zu dem Thema 1. und 2. Stammstrecke, das hier noch einmal angesprochen wurde: Ja, das wird München und auch die Hauptumsteigepunkte entlasten, z. B. den Marienplatz. Darauf hat Herr König mit seinem Chart hingewiesen: Die Entlastung zwischen Marienhof und Mari­enplatz. Auch am Hauptbahnhof werden wir dann zwei S-Bahnhöfe haben, so dass die Querschnittsbelastung des jetzt häufig überfüllten S-Bahnhofs Hauptbahnhof deutlich, näm­lich um 30.000 Fahrgäste oder ein Fünftel, absinken wird.

Herr Thomas Kantke: Selbstverständlich dürfen die Fahrgäste sowohl die 1. als auch die 2. Stammstrecke benützen. Es gibt aber Ziele, die man nur mit der 1. Stammstrecke errei­chen kann. Wenn Sie z. B. zum Gasteig am Rosenheimer Platz wollen, dann rauschen Sie auf der 2. Stammstrecke durch. Müssen Sie dann am Ostbahnhof umsteigen, haben Sie einen Fußweg von fünf Minuten, und dazu kommt noch als Erwartungswert die halbe Takt­zeit, die Sie warten müssen. Wollen Sie zur Hackerbrücke, rauschen Sie durch bis zum Hauptbahnhof und sind dann gezwungen, mit der U-Bahn eine Station zur Theresienwiese zu fahren, was der MVG bei der Wiesn-Zeit nicht gerade eine große Freude bereiten dürfte, zumal der Bauaufgang am ohnehin sehr schmalen Bahnsteig der U 4 und U 5 sehr proble­matisch ist. Es geht also nicht ums Dürfen, sondern es geht um die attraktiven Verkehrsziele, um einen optimalen Nutzen für das Gesamtnetz zu erzielen.

StRin Nallinger: Herr Oberbürgermeister! Liebe Damen und Herren! Meine Fragen knüpfen an die meiner Vorrednerinnen und Vorredner an:

Erstens möchte ich noch einmal nach dem Mehrwert fragen. Uns wurden heute für beide Konzepte Kosten vorgestellt. Die Genauigkeit der Kosten ist unterschiedlich, nichtsdestowe­niger gibt es Größenordnungen. Wir haben auch gesehen, dass beide Konzepte die wesent­lichen Ziele des Ausbaus des S-Bahn-Netzes erreichen, nämlich den 10-Minuten-Takt auf al­len Linien und die Stabilität des S-Bahn-Netzes. Daher frage ich: Welchen konkreten Mehr­wert haben wir durch dieses sehr teure Tunnelprojekt? Konkret: Wie vielen Fahrgästen bringt das denn einen Mehrwert? Auch die Frage von Frau Stadträtin Messinger möchte ich noch einmal stellen: Wie viel Minuten Zeitgewinn kommen dabei für die Fahrgäste heraus bzw. auch, wie viel Zeitverlust? Herr Kantke hat aufgezeigt, dass für einige Fahrgäste auch Zeit­verluste entstehen, weil sie an ihrem Ziel zunächst einmal vorbeifahren. Dazu hätten wir ger­ne Zahlen.

Als Zweites hätte ich gerne Zahlen zum Thema Umsteigen. Es wurde heute schon viel von Umsteigern zwischen S-Bahn und U-Bahn gesprochen. Ich spreche die Umsteiger zwischen altem Tunnel und neuem Tunnel an. Wenn Sie einmal die beiden Tunnel vergleichen, ist of-

fensichtlich, dass der alte Tunnel in vielen Punkten für die Fahrgäste attraktiver ist. Sie errei­chen damit mehr Ziele, und der Tunnel liegt höher. Deswegen die Frage: Gibt es Prognose­zahlen, wie viele Fahrgäste von dem neuen Tunnel in den alten umsteigen werden, um gleich direkt ans Ziel zu kommen, und besteht dann nicht doch wieder die Gefahr der Über­lastung der alten, jedoch sehr attraktiven Tunnelstrecke?

Als Drittes möchte ich zur Ertüchtigung der Außenäste eine Frage stellen: Wenn wir einen 10-Minuten-Takt auf allen Ästen gewährleisten wollen, müssen wir auch die Außenäste er­tüchtigen bis zum hypothetischen Stichtag, wenn der Tunnel eröffnet wird: Wie viel Äste im Westen sind bis dahin ertüchtigt, wie viel Äste im Osten, und sind die Kosten für die Ertüchti­gungsmaßnahmen in Ihren Kostenbetrachtungen für Haidhausen 3 schon berücksichtigt? Dazu noch die Frage: Wann werden konkrete Kosten für Haidhausen 3 vorliegen? Mich hat es etwas überrascht, weil wir anfangs über Nutzen-Kosten-Konzepte gesprochen hatten. Dann haben Sie, Herr Göttler, festgestellt, dass noch keine konkreten Nutzen-Kosten-Unter­suchungen vorliegen. Deswegen die Frage: Woher nehmen Sie denn die Sicherheit, dass dieses Projekt förderfähig ist? Letztendlich kann man nur feststellen, das Projekt ist förderfä­hig, wenn die standardisierte Bewertung und eine Kosten-Nutzen-Betrachtung vorliegen. Wenn ich Sie heute richtig verstanden habe, liegt das noch nicht vor. Also können wir auch noch nicht mit Gewissheit sagen, das Projekt ist förderfähig.

Die letzte Frage betrifft die Zeitschiene für den Südring. Natürlich vergleichen wir dabei ein bisschen Äpfel mit Birnen. Die von den Ingenieurbüros vorgestellte Zeitschiene wird kritisch hinterfragt, deswegen die Bitte von uns Grünen im Stadtrat: Wir hätten gerne eine verbindli­che Zeitschiene für eine Planung des Südrings, gerne auch unter Einbeziehung der Kompe­tenz aus der Stadtverwaltung. Ich glaube, dass davon genug - z. B. im Baureferat - vorhan­den ist. Wir hätten gerne eine verbindliche Zeitschiene für den Südring, und zwar zeitnah. Das wäre sehr schön.

Dann noch eine Frage an die VIEREGG & RÖSSLER GmbH: Sie haben gesagt, dass Sie Ihre Maßnahmen am Südring alle auf der bestehenden Bahnfläche unterbringen. Jetzt fah­ren schon einige Züge über den Südring. Wie gewährleisten Sie denn, dass der Betrieb wäh­rend der Bauphase aufrechterhalten werden kann?

Und noch eine Frage an die Herren Baumgartner, Schwarz und Kantke: Sie haben vorher eine Darstellung vorgelegt, auf der alle S-Bahn-Äste doppelt dargestellt worden sind, und ha­ben vom integralen Taktfahrplan gesprochen. Können Sie dies bitte noch einmal ausführen?

Eine Frage zum Schluss: Wir hatten darum gebeten - erlauben Sie mir als Verkehrsplanerin, diese Frage zu stellen -, Zahlen auf den Tisch zu legen: Wie viele Fahrgäste wollen in die In­nenstadt? Wie viele Fahrgäste wollen in den Westen, in den Osten, in den Norden, in den Süden und wie viele Fahrgäste wollen durch die Stadt durchfahren? Bitte reichen Sie uns dies nach.

Herr Alexander Freitag: Zu den Umsteigerelationen neuer Tunnel : alter Tunnel haben wir noch keine Untersuchungen. Was die standardisierte Bewertung und die zusätzlichen Fahr­gäste betrifft, hängt auch vom Betriebsprogramm ab. Wenn wir den Takt 15 mit der Attraktivi­tät der Beschleunigung fahren, können wir mehr Fahrgäste gewinnen. Wenn wir den Takt 10 fahren, sind es nach meiner Kenntnis etwas weniger.

Wo die Leute hin wollen, und welche Takte wir fahren, hängt sehr eng zusammen mit Ihrer berechtigten Frage der Ausbaupläne in der Region. Dazu muss man sagen: Wir entwickeln das System in dem Fall von der Innenstadt heraus. Wir beseitigen also diesen Engpass, bil­den den Bypass, und schon in der nächsten Priorität wäre - um alles überhaupt fahren zu können - der Ausbau der Außenäste notwendig. Z. B. muss man den Ausbau der S 8 in Richtung Schweiz oder Markt Schwaben in einem zweiten Schritt möglichst zeitnah ange­hen. Wenn wir 2017 die 2. Stammstrecke haben, ergibt sich zunächst der bedeutende Vor­teil, dass wir die Störanfälligkeit beseitigt haben. Außerdem haben wir damit die Vorausset­zungen dafür, die nächsten Schritte umzusetzen, wobei man natürlich mit dem zügigen An­gehen der Planungen nicht bis zur Fertigstellung der 2. Stammstrecke warten muss.

Herr Hans Peter Göttler: Thema Haidhausen 3: Wir haben intern Kosten ermittelt und eine weitgehend bis zum Ende durchgerechnete MKU, die vorläufig und so deutlich positiv sind, dass wir davon ausgehen, diese bleiben auch bei etwas verändertem Aufwand - welchen wir nicht ausschließen können, nachdem die Vorplanungstiefe noch nicht abgeschlossen ist -positiv. Allerdings würde ich heute nicht gerne vorläufige Werte veröffentlichen, die dann im Fortschritt der Planungstiefe verfeinert werden und sicher abweichen, weil das, meiner Mei­nung nach, nicht sehr seriös wäre.

Das zweite Thema, das Sie angesprochen haben, sind die Umsteiger von der 1. Stammstre­cke auf die 2. Stammstrecke. Ich nenne Ihnen einmal eine Zahl für den Ostbahnhof, ich habe die Zahlen nicht für alle Stationen hier. Am Ostbahnhof rechnen wir mit 1.800 Umsteigern. Wir gehen übrigens von über 100.000 Fahrgästen pro Tag am Ostbahnhof in dem Mit-Fall 6 für das Jahr 2020 aus. Bei der Gelegenheit schiebe ich noch ein Beispiel für die Express-

S-Bahn nach: Für die Express-S-Bahn Herrsching-Ostbahnhof würde sich die Fahrzeit um 17 Minuten verkürzen.

Dann wurde nach den Außenästen und dem 10-Minuten-Takt gefragt. Es ist klar: Ohne weit­gehenden Ausbau der Außenäste ist ein 10-Minuten-Takt weder mit der 2. Stammstrecke noch mit dem Südring allein zu realisieren. Es ist ein 15-Minuten-Takt fahrbar, kombiniert mit einer Express-S-Bahn. Im Rahmen des Paketes, das wir für die 2. Stammstrecke beplanen haben lassen, sind eine Reihe von netzergänzenden Maßnahmen vorgesehen. Ich zähle ei­nige Beispiele auf: in Pasing Verkürzung der Zugfolge, am Westkreuz niveaufreier Ausbau, auf der Strecke Johanneskirchen-Flughafen Ertüchtigung auf 140 km, auf der Strecke Berg am Laim-Leuchtenbergring Verkürzung der Zugfolge etc. In Weßling z. B. ist ein zusätzliches Wendegleis geplant, das der Kapazitätssteigerung und der Sicherung der Betriebsqualität dient. Die Maßnahmen werden aber nicht ausreichen - das ist unbestritten -, um durchge­hend einen 10-Minuten-Takt fahren zu können. Das ist aber unabhängig von der Frage, ob Sie jetzt den Südring oder die 2. Stammstrecke bauen.

Herr Klaus-Dieter Josel: Ich wollte gerne noch etwas zum Thema Mehrwert der 2. Stamm­strecke sagen: Herr Göttler hat eben die Reisezeitreduzierung am Beispiel eines Außenastes aufgezeigt. Ich wiederhole mich vielleicht: Die Region München ist eine Wachstumsregion, deren demografische Entwicklung dazu führen wird, dass München weiter wächst. Die Mobi­lität wird weiter ansteigen. Wir müssen diesen Mobilitätsbedürfnissen Rechnung tragen. Die attraktiven Ziele Münchens zeigen sich eindeutig, Herr Freitag hat sie eindrücklich vorge­stellt. Wir gehen davon aus - und da spricht auch nichts dagegen, ich kann auch keine ande­ren Argumente erkennen -, dass diese zentralen Punkte weiterhin die Zielpunkte für die re­gionalen Einpendler oder Touristen sind. Dafür brauchen wir ein Kapazitätsangebot. Wir brauchen zusätzliche Kapazität für den SPNV, den Schienenpersonennahverkehr in Mün­chen, und dort liegt der Mehrwert der 2. Stammstrecke. Ich denke, das ist in vielen Beiträgen heute dargestellt worden.

Zu der Frage nach den Umsteigern von der alten Strecke auf die neue Strecke wollte ich noch einmal darauf hinweisen - Herr Göttler hat dies ebenfalls eindrücklich dargestellt -, es gibt eine Gleichverteilung. Wir entlasten die 1. Strecke, nehmen den Druck dort weg, und wir können ein stabileres Angebot fahren. Die 2. Strecke wird nach den Potenzialberechnungen der Experten gut angenommen, so dass wir in der Summe für München ein besseres Ange­bot und eine deutlich stärkere Nutzung erreichen.

Ganz kurz noch zum Thema Zeitschiene: Die Frage ging zwar nicht an uns, an die DB, aber dennoch möchten wir dazu gerne etwas sagen. Man muss natürlich dann mit den Fachleuten darüber reden: Wie kann man hier den laufenden Betrieb gestalten? Wie kann man die Bau­maßnahmen im fahrenden Betrieb unter dem rollenden Rad überhaupt gestalten? Mit uns ist darüber nicht gesprochen worden. Man muss bei einem derart verbindlichen Zeitplan ange­sichts der Fülle der Brückenprojekte im Prinzip für jede Brückenbaumaßnahme eine Eisen­bahnkreuzungsvereinbarung abschließen. Erst dann kann man aus unserer Sicht klare Fi­nanzierungsregelungen treffen. Davon sind auch die Stadt, die Bahn und der Bund betroffen. Das muss man im Einzelfall immer diskutieren, und das ist aus unserer Erfahrung heraus sehr zeitintensiv. Wenn Sie das alles unter Dach und Fach haben, können Sie auch verbind­liche Regeln oder Zeitpläne aufstellen.

Herr Albert Scheller: Noch eine Ergänzung zu Herrn Josel: Ich habe mich bisher bei dem Thema Terminschiene Südring immer zurückgehalten. Von der planerischen und fachtechni­schen Seite her gäbe es viel zu diskutieren. Ich möchte es aber bei dem Thema Termin­schiene belassen. Hier wurde kommuniziert, dass eine Realisierung oder ein Realisierungs­beginn am Südring im Jahr 2012 möglich wäre. Von jetzt an gerechnet sind das ca. zweiein­halb Jahre. Ich habe aufgrund der Erfahrungen mit der 2. Stammstrecke und mit sonstigen Projekten sehr großen Bedenken und zweifle die Realisierung bis 2012 auch an, weil im Ge-nehmigungsprozess zwei Dinge zu beachten sind: Es gibt eine Menge von Terminen und Zeitabschnitten, die gesetzlich verankert sind, und auf die wir keinen Einfluss haben. D. h., eine grobe Rechnung würde ein Zeitfenster von etwa 18 bis 20 Monaten ergeben, vom Zeit­punkt der Einreichung der Unterlagen beim Eisenbahnbundesamt bis zum Planfeststellungs-beschluss, wenn alles reibungslos geht, keine Komplikationen auftreten und sich keine Rück­fragen ergeben. Das sind umgerechnet knapp zwei Jahre. Ich bin auch gerne bereit, die 18 Monate noch um zwei Monate zu verkürzen. D. h., für die Planung und die Erstellung der Genehmigung der Planung - wir reichen beim Eisenbahnbundesamt kein Konzept ein, son­dern eine genehmigungsreife Planung - hätten wir ein gutes Jahr zur Verfügung. Aus unse­ren Erfahrungen mit der 2. Stammstrecke - ich beziehe mich dazu auf die Planfeststellungs­abschnitte 1 und 2 - würde ich für eine qualifizierte tiefgehende Vorplanung ungefähr ein hal­bes Jahr ansetzen.

Das Zweite ist dann die Entwurfsplanung, oder es sind die Leistungsphasen 3 und 4. Man muss schon sehr sportlich unterwegs sein, um diese in einem Jahr zu schaffen. Dazu kommt auch noch das Thema Betroffenheit, welches beim Südring eine außerordentliche Rolle spielt und hier ein wenig im Hintergrund diskutiert worden ist. Ich sehe es etwas anders, denn Sie müssen über jede Kreuzung eine Kreuzungsvereinbarung mit dem Straßenbauauf-


 

traggeber schließen. Sie können nicht sagen, das machen wir irgendwann einmal, denn das ist die Voraussetzung für die Realisierung. Insofern möchte ich noch einmal herausstellen, dass zweieinhalb Jahre für den Baubeginn unbedingt in Zweifel zu ziehen sind, und ich will aus gutem Grund noch einmal eineinhalb Jahre dazugeben. Dann muss aber alles funktio­nieren.

StR Reissl: Das sind alles bestehende Brückenbauwerke, mit denen die Bahn Straßen und Gemeindestraßen der Landeshauptstadt München heute schon überführt. Würde da auch die Kostenteilung nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz greifen?

Herr Albert Scheller: Das ist im Einzelnen je nach Kreuzungsmaßnahme zu prüfen. Aber es ist so, wie hier auch ausgeführt worden ist. Speziell in der Höhe des Kolumbusplatzes wird die bestehende Brücke erheblich erweitert. Der beabsichtigte Eingriff ist nicht der Abbruch der alten und der Bau einer neuen Brücke, die sich dann so darstellt, wie der vorherige Be­stand, sondern es geht um erhebliche Veränderungen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass eine Kreuzungsvereinbarung keine Sache von 14 Tagen ist.

Herr Thomas Kantke: Wir wurden nach einem Fahrplankonzept gefragt. Von jedem S-Bahn­hof kann man, wenn auch der Außenbereich voll ausgebaut ist, alle zehn Minuten in Rich­tung bisherige Stammstrecke fahren. Es sind nur zwei Linien, die gesplittet sind, Richtung Gröbenzell und Richtung Gauting. Da hat man aber Anschluss am gleichen Bahnsteig in Pa-sing und im Osten analog am Leuchtenbergring. Die Korrespondenz ist ein zukunftsweisen­des Konzept. Die MVG verfolgt das mit großem Erfolg seit Jahren am Scheidplatz und Inns­brucker Ring. Der Vorteil ist, eine Korrespondenz wird vom Fahrgast nicht als Umsteigen ge­wertet, so dass wir mit einem Korrespondenzkonzept eine deutliche Erhöhung des Kunden­nutzens haben.

Zur Terminlage beim Südring: Diese kann man mit dem 2. S-Bahntunnel nicht vergleichen. Man muss das mit dem Überwerfungsbauwerk Neulustheim vergleichen, bei dem die Pla­nungen und Bauausführungen innerhalb von vier Jahren durchgeführt worden sind. Es gab keinen einzigen Protest. Beim Haltepunkt Friedenheimer Brücke gab es nur eine Einwen­dung, die von mir kam. Wichtig für die Betriebsstabilität ist, dass die Außenstrecken von ei­nem auf zwei Gleise ausgebaut werden. Man darf nicht vergessen, eine eingleisige Strecke hat wegen des Synchronisationsproblems nur ungefähr ein Viertel der Kapazität einer zwei­gleisigen Strecke, umfasst aber etwa 60 % der Kosten neben den Fixkosten. Der 2. S-Bahn­tunnel löst nicht die Problematik im Außenbereich. Herr Göttler hat vorhin gesagt, wir haben Fahrzeitgewinne von Herrsching nach München von 17 Minuten. Das ist nur erreichbar,

wenn man an dem Siedlungsschwerpunkt Germering vorbeirauscht. Germering hat 35.000 Einwohner, und die Stadt ist sogar größer als Fürstenfeldbruck. Die Aufgabenstellung ist, die S-Bahn zu ertüchtigen und kein zweites Regional-Express-S-Bahn-System zu konzi­pieren. Die Fahrzeitgewinne von Herrsching nach München in der Größenordnung von 17 Minuten sind nicht machbar. Man rechnet mit einer Minute Fahrzeitgewinn pro durchgefahre­ner Station.

Herr Klaus-Dieter Josel: Zum Vergleich des Zeitplanes mit unserem kreuzungsfreien Über-werfungsbauwerk Neulustheim kann ich nur sagen, das kann man nicht mit diesem Überwer-fungsbauwerk vergleichen. In Neulustheim gab es nur einen Betroffenen, das waren wir selbst, denn es war unser eigenes Grundstück. Wir konnten dieses Überwerfungsbauwerk in bestehende Gleisanlagen einbinden. Daher ist ein solcher Planungsprozess deutlich schnel­ler und effizienter durchzuführen, wenn sie nur einen Betroffenen haben, im Gegensatz zu einer Vielzahl von Betroffenen. Also, der Vergleich hinkt.

Thema Fahrzeiten oder Anbindung von Siedlungsschwerpunkten: Ich versichere Ihnen, dass wir in engem Dialog mit der DBG und dem Freistaat dafür sorgen, dass die Siedlungs­schwerpunkte auch angebunden werden. Man muss auch die Vorteile des Express-S-Bahn­Systems für die Menge der Pendler und Reisenden sehen. Es gibt Betroffenheiten, aber die Zahlen von Herrn Göttler zeigen mehr positive Effekte als Betroffenheiten.

Herr Hans Peter Göttler: Das Beispiel Germering ist schlecht gewählt, weil die Stadt in das Express-S-Bahn-System eingebunden wäre. Die 17 Minuten gehen aus einer detaillierten Fahrplanberechnung hervor, die unser Angebotsplaner SMA vorgenommen hat. Die SMA hat z. B. das gesamte Bayerntakt-Konzept auf die Räder gebracht hat. Dabei handelt es sich also nicht um Luftschlösser, sondern hier ist ein sehr erfahrener Planer am Werk gewesen.

Herr Dr. Martin Vieregg: Der Hauptgewinn des Express-S-Bahn-Systems liegt aber außer­halb der bestehenden S-Bahn-Stammstrecke, also westlich von Laim und östlich des Ost­bahnhofs. Das sind natürlich Fahrzeitgewinne, die man auch bei einem Südring-Express­Konzept realisieren könnte.

Es stand noch die Beantwortung der Frage nach den Umsteigezeiten an den Umsteigebahn­höfen aus: Diese haben wir nach den einschlägigen Methoden ausgerechnet. Wir kommen beim Umsteigen von der 2. S-Bahn-Stammstrecke auf die U 3/U 6 auf 3,7 Minuten, beim Umsteigen am Hauptbahnhof auf die U 1/U 2 auf 5,0 Minuten, und beim Südring sind wir bei


 

Werten zwischen 1,5, 2,0 und 3,0 Minuten. Tendenziell ist also die Umsteigesituation am Südring deutlich günstiger.

Zum Thema Zeitschiene kann ich Ihnen eine sehr detaillierte Karte anbieten, auf der wir den Abriss und den Bau jeder Brücke zeitlich terminiert haben. Der eigentliche Aufwand, der die Zeitschiene betrifft, ist der Voll- und nicht der Teilausbau. Beim Teilausbau hat man das, wie bereits Herr Kantke gesagt hat, überwiegend auf Bahngrund. Da ist laut Herrn Scheller nur die Bahn betroffen, und deswegen gehen wir auch für den Bereich Giesing-Au für den Voll­ausbau von längeren Bauzeiten aus. Wir haben das sehr ausgefeilt, uns ist es gelungen, die Bauabschnitte so zu konstruieren, dass wir keine Behelfsbrücken benötigen. Teilweise ergibt das aber recht komplizierte Bauzustände. Deswegen kann man auch den Südringausbau in ein oder zwei Jahren realisieren. Am Heimeranplatz ist es nach unserer Planung am kompli­ziertesten mit sieben Baustufen. Das ist so ähnlich wie bei den Tunneln des Mittleren Rings. Dort werden auch die Fahrspuren über dem Tunnel immer wieder hin- und hergeschwenkt, und das dauert eine gewisse Zeit. Wir können den Betrieb weitgehend zweigleisig aufrecht­erhalten, entsprechend unserer Ausarbeitung.

StRin von Walter: Herr Oberbürgermeister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe eine Frage an Herrn Dr. Vieregg: München liegt an der Kreuzung zwischen der Europa­magistrale Ost-West und der Europamagistrale Nord-Süd. Ein Problem ist dabei immer der Kopfbahnhof Hauptbahnhof München. Da Zeitgewinn eine große Rolle spielt, wird es in Zu­kunft, nicht unmittelbar, aber in einigen Jahren eine Rolle spielen, wie schnell man durch München durchfährt. Müsste man nicht schon jetzt - das war auch die Grundlage für die Plä­ne „München 21“ - dieses „München 21“ mit in die Überlegungen einbeziehen? Denn die ex­treme Tieflage des 2. S-Bahn-Tunnels hängt unmittelbar damit zusammen, dass man dieses eine Stockwerk für „München 21“ freilassen will und muss. Ich frage Sie: Wird das berück­sichtigt? Ich befürchte: Sobald wir mit dem 2. S-Bahn-Tunnel 2017 fertig sind, tauchen prompt die Pläne für „München 21“ auf, und dann stellt man fest, dass es vielleicht klüger ge­wesen wäre, auf den Südring auszuweichen und diese Verbindung zwischen Hauptbahnhof über Sendlinger Tor zum Ostbahnhof gleich so auszulegen, dass auch S-Bahnen fahren können. Das war der Gegenstand eines Antrages der ÖDP, aber er ist damals leider noch abgelehnt worden.

Herr Runge: Noch zur Zeitschiene einen Halbsatz: Mehrere der hier anwesenden Herrschaf­ten habe ich noch in Erinnerung, als sie 2006 gesagt haben: Spätestens 2010 ist die zweite Röhre in Betrieb! Nun zwei konkrete Fragen an Herrn Göttler, der „die Gnade der späten Ge-burt“ genossen hat. Er hat erst unlängst Herrn Wellner ablösen dürfen:


 

Erstens, Herr Göttler, warum verweigern sich DB und Staatsregierung vehement der Debatte konkreter Betriebsprogramme, wie wir sie brauchen, um sie in die standardisierte Bewertung einfließen zu lassen? Sie geben diese immer nur in Fragmenten heraus wie eben gerade wieder zur Express-S-Bahn.

Es war selbstverständlich, dass die beiden Giesinger S-Bahnen bleiben. Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass Ihre Chefin mit Schreiben vom 18.02.2009 kundgetan hat, dass selbst­verständlich die Staatsregierung an der Abzweigung festhält, weil man sonst nie den gefor­derten Kosten-Nutzen-Faktor in der standardisierten Bewertung erreichen würde?

Herr Hans Peter Göttler: Wir haben mehrere Mit-Fälle berechnet. Das ist aus heutiger Sicht die Vorzugsvariante auf dem 15-Minuten-Takt, den wir überall fahren können und in den Ex­press-Zügen auf den Außenästen, weil wir dort den höchsten Fahrgastgewinn erzielen. Wir haben diese Berechnungen noch einmal aktualisieren lassen. Die Gutachter haben uns mit­geteilt, dass wir fast 48.000 neue Fahrgäste für die S-Bahn gewinnen können. Die Zahl hat sich damit gegenüber der Berechnung von 2001 annähernd verdoppelt. Wir glauben, auch wenn ich ohne Weiteres zugebe, das ist nicht für jeden eine Verbesserung, dass das in der Summe die Attraktivität des S-Bahn-Systems erhöht, in der Summe für die Fahrgäste eine Verbesserung darstellt und neue Fahrgäste im Sinne des gewünschten Shifts im Modal-Split gewinnt.

Wir werden jedoch mit Sicherheit keine Vorab-Betriebsprogrammdiskussion führen, weil wir glauben, wir müssen jetzt die technische Planung einem Ende zuführen - damit komme ich zum Abzweig Giesing -, anschließend die Entscheidung auf dieser Grundlage treffen, nach­folgend auf der Grundlage eines bestimmten Betriebsprogramms die MKU berechnen, um dann zu entscheiden. Der Abzweig Giesing ist in unseren neuen Überlegungen zu Haidhau-sen 3 nach wie vor baubar. Die Vorkehrungen, um Giesing zu bauen, sind vollständig in der ersten Baustufe enthalten. Hier handelt es sich um einen mittleren zweistelligen Millionenbe­trag, und selbstverständlich können diese nachgebaut werden. Ich habe es schon gesagt -es ist so, dass wir einen eigenständigen deutlich positiv verkehrlichen Nutzen mit der Neu­konzeption und der Anbindung des Ostbahnhofes an den bisherigen Ostast darstellen. Diese Planung haben wir gestern dem Ministerrat vorgelegt. Sie wurden dort akzeptiert, und die Er­gebnisse liegen auch vor. Wir konnten schlecht sämtliche Planungen, die wir am 24.03.2009 dem Ministerrat vorgelegt haben, in einem Schreiben, das vielleicht Ende Januar konzipiert ist, vollständig darstellen. Da bitte ich um Nachsicht.


 

Herr Albert Scheller: Zum Thema „München 21“ müssten wir wieder zurückgehen in die Ge­schichte. Natürlich ist die mögliche Berücksichtigung von „München 21“ ein sehr großer Ge­genstand unserer Planung gewesen. Wenn Sie sich erinnern, habe ich hier im Abschnitt 1 das zentrale Zugangsbauwerk vorgestellt, das im Empfangsgebäude des Hauptbahnhofs ge­baut werden soll, um die Bahnsteigfläche der 2. S-Bahn-Stammstrecke zu erschließen. Die Diskussion wurde maßgeblich durch die Frage geprägt: Ist „München 21“ dann noch baubar? Von den Planungsprozessen her bauen wir dieses Zugangsbauwerk in einem ersten Step um diese Trasse herum. Der nächste Schritt war dann - das war der spezielle Wunsch der Landeshauptstadt München -, dass wir Untersuchungen angestellt und eine Studie angefer­tigt haben: Ist denn „München 21“ an anderer Stelle auch realisierbar? Das hat zu dem Er­gebnis geführt, dass München 21 mit unterschiedlichen Varianten, wie man im Westbereich in den Untergrund eintaucht, baubar ist auf der Höhe der 2. S-Bahn-Stammstrecke als Durchgangsbahnhof. Insofern sind zwei Optionen für „München 21“, sofern dies jemals kom­men sollte, offen: einmal auf der Tiefe von der 2. Stammstrecke. Technisch wäre „Mün­chen 21“ auch baubar an der ursprünglichen Stelle. Man müsste - das ist vielleicht ein biss­chen weit gegriffen, aber so ist es vorstellbar - dieses Zugangsbauwerk für die 2. S-Bahn­Stammstrecke im Empfangsgebäude umbauen. Das ist sicherlich eine Herausforderung für unsere Nachfolgegenerationen, die auch Lösungen dafür parat halten werden. Aber damit ist das Thema „München 21“ noch nicht endgültig beantwortet.

Die Geschichte für einen 2. Innenstadt-Tunnel hat sich aus einer Historie heraus entwickelt. Man hat versucht, im ersten Step den Südring zu verwenden, und in einem zweiten Step hat man darüber nachgedacht: Lässt sich denn „München 21“ nicht nur für den Fernverkehr, sondern auch für den Regionalverkehr und die S-Bahn kombinieren? Dabei hat man festge­stellt, dass die Trasse „München 21“ für die S-Bahn lediglich einen Zug pro Stunde durchlas­sen würde. Ich glaube, wir sind uns darüber einig, dass dies ein bisschen dürftig ist. Die Trasse „München 21“ für irgendeine S-Bahn-Erweiterung zu benützen, ging also schon vor vielen Jahren ins Leere.

Herr Dr. Vieregg: Es wurde nach den Ost-West-Fahrzeiten im Fernverkehr gefragt. Ein Mün­chen 21-Projekt hätte im Fernverkehr nur eine Fahrzeitverkürzung von drei Minuten ge­bracht. Das ist letztlich auch der Grund, warum es dann fallengelassen wurde. Beim Ausbau des Eisenbahnsüdringes für den Fernverkehr - den wir vorschlagen - holen wir immerhin noch eine Minute für den Fernverkehr heraus. Das ist ein Drittel des Fahrzeitnutzens von „München 21“. Dennoch würde das München 21-Projekt durch einen Ausbau des Südrings und den Nordtunnel in keiner Weise verbaut werden im Unterschied zum 2. S-Bahn-Tunnel, mit dem man dann gewisse Konflikte zu bewältigen hätte.


 

Herr Thomas Kantke Eine kurze Anmerkung zum Betriebskonzept: Dabei verweise ich auf ein positives Beispiel, die starken Abhängigkeiten mit den Anschlussbeziehungen. Die von den Gemeinden finanzierten Busanschlüsse müssen auf die S-Bahn abgestimmt werden. Wenn in der Schweiz neue Infrastrukturmaßnahmen vorgesehen sind, setzt sich der Bund mit den Kantonen und den Kommunen an einen Tisch, auch Privatpersonen sind daran be­teiligt. Dann werden sämtliche Abhängigkeiten der einzelnen Betriebskonzepte diskutiert. Dadurch wird eine gute Identifikation der Bevölkerung mit der Eisenbahn geschaffen. Die Leute sind stolz auf die Eisenbahn, und man ist bei weitem erfolgreicher in der Verkehrspoli­tik als in Deutschland. Die Hälfte der Bevölkerung in der Schweiz hat die Bahn-Card 50. In Deutschland sind es gerade einmal 4 %. Durch die Abhängigkeit zwischen den verschiede­nen Anbietern - die Gemeinden finanzieren die Busse, bei Privaten sind es Veranstaltungen -kann das Fahrplanangebot optimal auf die Bedürfnisse der Fahrgäste abgestimmt werden. Insofern, denke ich, ist das zukunftsweisend, sämtliche Betriebskonzepte in der Öffentlichkeit zu diskutieren.

Herr Klaus-Dieter Josel: Ich wollte gerne noch einmal das Thema TEN-Strecken und Südring ansprechen. Auf dem Südring überlagern sich zwei europäische Strecken. Bei der Idee, dass man da stärkere Bundesmittel ziehen kann, weil es zwei TEN-Strecken sind, muss ich „Was­ser in den Wein gießen“. Wir haben einen Bundesverkehrswegeplan, der schon unterfinan­ziert ist, weshalb wir für diesen TEN-Streckenabschnitt momentan kein Projekt benannt ha­ben. Daher müssen wir den Südring, so wie wir ihn heute haben, für den Güterverkehr nut­zen und Entlastung schaffen, indem wir die zweite Stammstrecke schnell bauen. Die Finan­zierungsmöglichkeiten sind vorhanden, die „Finanzierungsfenster“ sind offen bis 2019. Des­halb sollten wir diese Chance nutzen und „die Taube auf der Hand nehmen und nicht den Spatz auf der Dachrinne“. Vielen Dank.

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Zusammenfassung und Schlusswort des Oberbürgermeisters

OBM Ude: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben schon einmal ein Hearing erlebt, bei dem fast alle Stadtratsmitglieder mit einer anderen Meinung gegangen sind, als sie gekom­men waren. Das war beim Hearing zum Umbau des Olympiastadions. Ich glaube, das ist heute nicht der Fall. Wenn ich die Reaktionen im Publikum richtig verfolgt habe, gab es schon bei vielen Personen Präferenzen, und sie werden auch beibehalten. Das heißt, die Meinungsbildung wird so sein, dass sich jeder Stadtrat, jede Gruppierung oder Fraktion bis zur Abstimmung ihre Meinung bilden.

Da jetzt schon Gespräche mit dem Freistaat und vor allem mit dem Bundesverkehrsminister stattfinden, will ich Ihnen nur sagen, wie ich die Interessen der Stadt verstehe und vertreten werde. Das kann kein Resümee für alle sein, sondern nur für viele, weil wir es noch mit un­terschiedlichen Auffassungen im Stadtrat zu tun haben.

Ich habe sieben Gründe, um klar an der 2. Stammstrecke festzuhalten:

Das Erste ist der Kundenwunsch, den man auch als Bürgerwillen bezeichnen kann. Es sind nun einmal nach den Erhebungen des MVV überwältigende Teile des Fahrgastaufkommens, die in die Innenstadt wollen oder dort umsteigen möchten, und die man nicht gegen ihren Willen an die Poccistraße oder den Kolumbusplatz transportieren soll.

Das zweite Argument halte ich politisch für höchst bedeutsam, und das können wir ruhig auch heftig diskutieren. In seinen Darlegungen hat Herr Göttler nachgewiesen, dass der größte Verlagerungseffekt vom Autoverkehr auf die Schiene durch die 2. Stammstrecke er­reicht wird. Das muss in einer Stadt, die den Autoverkehr nicht explodieren lassen will, son­dern zurückdrängen möchte, ein wichtiges verkehrspolitisches und ökologisches Anliegen sein

Drittens glaube ich, wurde überzeugend dargelegt, dass wir es im Fall des Südringausbaus mit einer Vielzahl von Bauvorhaben zu tun haben, mit der Dauerfolge von Lärm und Lärm­schutzmaßnahmen an der Oberfläche. Auch das kann ich umweltpolitisch nicht als Fort­schritt sehen, wenn es eine unterirdische Alternative gibt, die von Bund und Land finanziert wird.

Viertens, und das war für mich zum Teil heute eine neue Erkenntnis: Ich sehe nur im Fall der 2. Stammstrecke eine Zukunft für eine bessere Flughafenanbindung. Ich kann mir den Nord­tunnel, das sage ich offen, weder bautechnisch noch finanziell in dieser Länge vorstellen. Er wäre - ich rede im Irrealis - eine Kampfansage an den Landkreis und die Nachbarstadt Gar-ching, die wir dafür gewonnen haben, eine U-Bahn bis Garching und zum Forschungsquar­tier zu bauen, und denen wir jetzt Fahrgäste abziehen würden. Eine Parallelführung im Au­ßenbereich bei Außenästen halte ich für völlig unvertretbar. Das hat, denke ich, Herr König überzeugend dargelegt.

Das Fünfte ist nun einmal die Olympiabewerbung. Ich sehe noch Chancen - wobei Herrn Runge zuzugeben ist, dass sich die Zeitplanung immer wieder vertagt hat, das will ich nicht


 

schönreden -, ein fertig geplantes Projekt bis 2018 durch die Verfahren und in die Realisie­rung zu bringen. Bei einem Projekt, bei dem wir heute noch nicht einmal die Zahl der Brük-ken kennen, sondern nur wissen, dass es bei jedem Bauwerk Verhandlungen über den kom­munalen Finanzierungsanteil geben muss und bei dem wir es mit prozessierenden Nachbarn an der Oberfläche zu tun haben, kann ich mir die Zeitvorgabe „bis 2018“ nicht vorstellen.

Sechstes Argument: Darauf habe ich schon in der Einleitung hingewiesen: Zuständig ist als Vorhabensträger die Bahn, Besteller ist der Freistaat und größter Zuschussgeber ist der Bund. Da muss man meines Erachtens wirklich zwingende Gründe haben, wie wir sie beim Transrapid hatten, um ein Projekt abzulehnen mit dem Ziel es zu verhindern. Das halte ich beim Transrapid nach wie vor für ein richtiges Ziel, das auch erreicht wurde. Aber hier wür­den wir nur ein Projekt, das den Kollaps des S-Bahn-Systems als wichtigstem Verkehrsmittel der gesamten Region München verhindert, gefährden, ohne eine realisierbare Alternative zu haben; denn es reicht nicht, dass irgendwer den Südring schön und erstrebenswert findet. Es müsste ein Projekt des Freistaates Bayern werden, das sich die Bahn als Vorhabensträ­ger zu eigen macht, um ein paar Jahre lang ihren eigenen Verkehr auf dem Südring lahmzu­legen, um dann vom Bund die Mittel zu erhalten. Dies halte ich nicht für realistisch, und das sage ich nicht aus dem hohlen Bauch heraus, sondern nach vielen Gesprächen mit dem Freistaat und dem Bund.

Und das letzte Argument: Die Verfahrensstände sind einfach unglaublich unterschiedlich und deshalb auch die Aussagekraft für die Kosten. Wir sind es von allen Seiten gewohnt, dass je­mand, der uns ein Projekt nahe bringen will, sei es eine Schwebebahn, ein Atomkraftwerk oder einen Südring, die Zahlenangaben unglaublich vorteilhaft gestaltet. Aber das ist noch keine Kostenberechnung, die einen Kostenvergleich legitimieren würde. Da müsste es schon dieselbe Planungstiefe in der Entwurfsplanung und Genehmigungsplanung vorweisen, um seriös sagen zu können, in welchen Kostendimensionen wir uns bewegen.

Wenn ich mir heute angehört habe, dass der Nordtunnel nicht nur das komplizierteste Ver­kehrsbauwerk werden soll, sondern umgerechnet auf den Meterpreis, auch das billigste, das wir je realisiert haben, dann zweifle ich, es mit seriösen Zahlen zu tun zu haben. Aber nur bei seriösen Kostenvergleichen könnte das Kostenargument überhaupt eine tragende Rolle spielen. Das ist meine Meinung und auf dieser Grundlage, die meines Erachtens heute durch die Münchner Verkehrsgesellschaft, den Münchner Verkehrsverbund, die S-Bahn und die Bahn AG und den Freistaat Bayern gestützt worden worden ist, werde ich weiter agieren, wohl wissend, dass ich mich nur auf eine vorläufige Beschlussfassung des Stadtrates stüt­zen kann, weil die endgültige Abwägung noch vorgenommen wird. Aber selbst bei der end-


 

gültigen Abwägung sind wir nur ein Gremium, das seine Meinung äußert. Die Planungsho­heit liegt bei anderen, und ich möchte diese nicht daran hindern, das wichtigste Vorhaben für die Stadt München im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs tatsächlich auch zu realisieren.

Wir sind im Zeitplan geblieben, und diskutiert wird dann im Stadtrat. Vielen Dank.

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- Ende des Hearings um 13:10 Uhr -


 

München, den 25. März 2009

U d e

Oberbürgermeister

der Landeshauptstadt München

Protokoll